Werner Kogler: "Nicht ein Vollidiot allein"

Werner Kogler: Im Vordergrund steht, den weiteren Schaden so gering wie möglich zu halten
Werner Kogler ortet Ursache für Hypo-Desaster in der österreichischen Mentalität.

Die Mitglieder der Griss-Kommission waren – abgesehen von der Vorsitzenden – zwei Deutsche und zwei Schweizer. Die Kapazunder für Bankwesen und Wirtschaftsrecht aus unseren Nachbarländern lieferten einen präzisen Befund über das Hypo-Desaster und machten dabei – unabsichtlich – manche Schattenseite der österreichischen Mentalität sichtbar.

Unangenehme Dinge treiben lassen in der Hoffnung, sie würden sich in Luft auflösen. Nur keine Wellen! Vertrauen, dass man die Dinge schon irgendwie hinbiegen werde.

Eine "Kultur des Verdrängens", nennt der grüne Hypo-Experte Werner Kogler das Phänomen. Die "österreichische Mentalität des Wegschauens", der "Mutlosigkeit, sich Unangenehmem zu stellen" ist aus seiner Sicht eine Ursache für das Desaster. Kogler: "In der Causa Hypo ist nicht einer allein der Vollidiot oder der Obergauner."

Beispiele fürs Wegschauen gibt es viele:

Die Sorglosigkeit, mit der der Kärntner Landtag Haftungen für die Bank beschloss.

Das fahrlässige Treibenlassen der Bankenaufsichtsbehörden trotz kritischer Berichte und Warnsignale. Kogler: "In den unteren Ebenen der Institutionen haben Mitarbeiter Alarm geschlagen, aber in den oberen Etagen hat niemand reagiert."

Das Ignorieren und Sich-nicht-vorbereiten auf den Showdown mit den Bayern, als diese signalisierten, dass sie die Bank nicht mehr finanzieren konnten.

Das jahrelange Verschleppen der Abwicklung der Bank.

***

Eines der peinlichsten Kapitel in dem Bericht betrifft die Verstaatlichung, weil es nämlich das Verhalten der Deutschen dem der Österreicher gegenüberstellt. Der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon hat mit Verantwortlichen der BayernLB, Investmentbankern und Rechtsexperten die Lage gründlich recherchiert, analysiert und Strategien für die Verhandlungen mit Österreich entworfen. Die Deutschen kamen angestrebert und aufmunitioniert nach Wien – und brachten prompt ihr Wunschszenario durch.

Österreichs Experten waren drei Beamte.

Schon damals, 2009, hatten die Deutschen ein Szenario entwickelt, das Österreich heute noch nicht umgesetzt hat – nämlich die Sanierung des Balkannetzes mithilfe der EBRD nach der Aufspaltung der Bank in einen Österreich- und einen Balkan-Teil.

Verantwortlich für das Entwickeln einer Verhandlungsstrategie wäre der damalige Finanzminister Josef Pröll gewesen. Aber Kogler warnt davor, eine Person allein zum Schuldigen zu erklären. "Der Josef Pröll tut mir leid. Auch Ewald Nowotny hätte sehen müssen, dass die Insolvenz-Drohung der Bayern ein Bluff war. Die Nationalbank wusste, wie viel Geld der Bayern in der Hypo steckte, und dass sich die Bayern die Insolvenz hätten gar nicht leisten können."

***

Kogler betont, im Vordergrund dürfe nicht die politische Abrechnung stehen. "Fünfeinhalb Milliarden sind für die Steuerzahler schon verloren. Jetzt drohen aber nochmals bis zu zehn Milliarden Schaden. Es geht jetzt darum, diesen Schaden so gering wie möglich zu halten." Kogler hält die Insolvenz der Abbaueinheit Hypo/Heta für die günstigste Lösung für die Steuerzahler. Auch Neos und FPÖ befürworten eine Insolvenz.

Die Oppositionsparteien gehen in der Causa Hypo abgestimmt vor. Folgende Schritte planen sie als nächstes:

Eine Aktuelle Stunde (vom Team Stronach) kommende Woche im Nationalrat.

Eine Dringliche Anfrage an Kanzler Werner Faymannund Finanzminister Hans Jörg Schelling (von den Grünen).

Eine Sondersitzung des Nationalrats (auf Betreiben der FPÖ), falls die Auskünfte der Regierung in der regulären Sitzung nächste Woche nicht aufschlussreich genug sind.

Vor Weihnachten werden FPÖ, Neos und Grüne die Abgeordnetenklage beim Verfassungsgerichtshof öffentlich vorstellen und einbringen. Damit wollen sie den partiellen Schuldenschnitt und die Abbau-Einheit zu Fall bringen.

Das neue Jahr wird mit der Hypo beginnen: In der ersten Nationalratssitzung wird der Untersuchungsausschuss eingerichtet.

Zum Bericht der Griss-Kommission

Kommentare