Im Frühjahr waren die Verhandlungen zu einer Mietpreisbremse noch gescheitert. Die ÖVP forderte im Gegenzug einen Freibetrag auf die Grunderwerbssteuer (GrESt), um den Eigentumserwerb zu erleichtern. Die Grünen lehnten das türkise Modell ab, man einigte sich auf einen erhöhten Wohnkostenzuschuss für Geringverdiener als Minimalkompromiss. Resultat: Die Richtwertmieten im Altbau stiegen im April um 8,6 Prozent. Im Bundeskanzleramt fand in den vergangenen Wochen aber ein Umdenken statt. Das dürfte auch daran liegen, dass die Inflationsrate in Österreich im August ähnlich hoch bleiben dürfte wie im Juli - bei rund sieben Prozent.
- Für welche Mietformen gilt der Deckel?
Die Maßnahme gilt für Richtwert- und Kategoriemieten im Altbau und Gemeindebauten, als auch für Genossenschaftswohnungen. Sie entlastet laut den Grünen rund 2,5 Millionen Österreicher. Für 425.000 Haushalte in gesetzlich ungeregelten Mietverhältnissen gilt die Regelung nicht. Dafür müsste das - von der SPÖ geforderte - Universalmietrecht eingeführt werden.
Werden Mieter durch die Maßnahme wirklich entlastet?
Ja, aber frühestens ab kommendem Jahr. 2024 steigen die Mieten im gemeinnützigen Bereich - laut Nationalbank - um 15 bis 16 Prozent. Der Deckel bei fünf Prozent spart Mietern in Genossenschaftswohnung also rund ein Drittel ihrer Mieterhöhung. 2025 folgt eine weitere Erhöhung der Richtwertmieten. Auch hier gilt: Statt 11 bis 12 Prozent steigt die Miete maximal um fünf Prozent.
- Wie stark werden die Mieter entlastet?
Grünen-Wohnbausprecherin Nina Tomaselli hat vorgerechnet, wie viel sich Menschen in verschiedenen Mietverhältnissen von 2024 bis 2026 ersparen sollen. Wer auf 92 Quadratmetern in einer Genossenschaftswohnung wohnt, wird mit 1.215 entlastet. Wer auf 50 Quadratmeter in einer Richtwertmietwohnung lebt, spart sich 575 Euro und bei 65 Quadratmetern im Gemeindebau sind es sich 625 Euro.
Vor allem die Vermieter. Sie können inflationsbedingte Kosten nicht mehr weitergeben und haben weniger Spielraum – etwa für thermische Sanierungen. „Diese Maßnahmen erfolgen zur Unzeit“, sagt Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB).
Fiskalratspräsident Christoph Badelt spricht auf Ö1 von einer „echten Bremse“, die extreme Mieterhöhungen in den kommenden Jahren verhindern werde. Die Inflation dürfte im kommenden Jahr durch das Paket sinken, glaubt der Ökonom. Auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayr lobt das Paket grundsätzlich. Einschränkung: Es sei eine gewisse Ungerechtigkeit, dass nicht alle Mieter davon profitieren. Bedenken müsse man aber, dass sich bei der Regulierung von freien Neubaumieten rechtliche Schwierigkeiten ergeben könnten, so Felbermayr. Er verweist auf Deutschland, wo ein weitreichender Mietdeckel bereits für ungültig erklärt worden sei. Was zuerst Badelt vorschlug und nun auch Felbermayr unterstützt: Mietzinsen sollten künftig nicht mehr an den Verbraucherpreisindex (VPI) gekoppelt sein. „Wenn das Gas teurer wird, wieso sollen die Mieten steigen?“, so der Ökonom. Da gebe es keinen kausalen Zusammenhang.
Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl hält die Regelung für „einen schlechten Scherz“, sie komme zu spät. Sie fordert eine rückwirkende Mietpreisbremse von fünf Prozent für 2022 und 2023 – und zwar auch für den ungeregelten Bereich. Franz Schellhorn, Direktor des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria, meint, die Maßnahme würde langfristig Besserverdienern nützen. Warum? Weil mehr Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.
Was die Regierung noch beschlossen hat
Abgesehen von der Mietpreisbremse legt die Regierung auch bei der Gebührenentlastung nach: Zusätzlich zur bereits beschlossenen Preissteigerung bei den Bundesgebühren werden aus den Steuereinnahmen 150 Millionen Euro bereitgestellt, um die Gebühren auf Ebene der Gemeinden einzufrieren. Dazu gehören beispielsweise die Abgaben für Trink- und Brauchwasser sowie für die Müllentsorgung. Unverändert bleiben die Preise für Klimaticket und Autobahnvignette; die Vignette hätte eigentlich von 96 auf 110 Euro verteuert werden sollen – das bleibt nun aus.
➤ Mehr dazu: Gebühren werden vorerst nicht weiter angehoben
Ein Teil der Mittel, die für die erwähnten Entlastungen verwendet werden, kommt aus einer Verschärfung, die bei der Abschöpfung der Zufallsgewinne Platz greifen wird. Denn die Bundesregierung hat sich dazu entschieden, den Spielraum, der Energiekonzernen bei den Gewinnen eingeräumt wird, weiter einzuschränken: Wurden bisher Zufallsgewinne abgeschöpft, wenn diese 20 Prozent über dem Durchschnittsgewinn der Vorjahre lag, soll dies 2023 noch früher, nämlich bereits bei einer Abweichung von mehr als zehn Prozent erfolgen.
➤ Mehr dazu: Energiekonzerne: Was nun abgeschöpft wird
ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer hat mit diesem Eingriff in den freien Markt wenig Probleme. „Die Krisengewinne waren uns ein Dorn im Auge“, sagte er am Mittwoch. „Es gibt mittlerweile eine Preisreduktion bei Öl und Gas. Und die muss an die Verbraucher weitergegeben werden.“ Bleibe dies aus, „wird abgeschöpft“.
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