Wer gewinnt? Die spannendsten Wahlkampfduelle in den Ländern
Kickl vs. Sobotka. Rendi-Wagner vs. Blümel.
Die spannendsten Matches bei der Nationalratswahl liefern sich nicht unbedingt die allseits bekannten Spitzenkandidaten im Bund, sondern jene, die vor Ort kämpfen – da, wo die rund 6,4 Millionen Wahlberechtigten zu Hause sind: In den Ländern.
So gehen in Niederösterreich zwei Ex-Innenminister auf Wählerfang. Und in Wien buhlen die rote Bundesparteichefin und der türkise Ex-Minister um Stimmen (siehe unten).
Bis heute, 17 Uhr, müssen die Parteien ihre Landeswahlvorschläge inklusive Regionalwahllisten im Innenministerium abliefern (die Bundeslisten bis 12. August) – und die wiegen schwerer als die prominenten Bundeslisten.
Für die Verteilung gibt es ein dreistufiges Verfahren, für jede Ebene wird extra gerechnet. Als erstes werden die Regionalwahlkreise berechnet. Das Kontingent an Mandaten, das jeder Partei im Land je nach dortigem Wahlergebnis zusteht, wird dann auf die Kandidaten der Landeslisten verteilt. Im dritten Schritt werden die bereits verteilten Sitze in Region und Land vom Gesamtergebnis der Partei abgezogen – und nur das, was übrigbleibt, erhalten die Kandidaten auf der Bundesliste.
Die spannendsten Duelle in den Ländern:
NÖ: Das Duell der beiden Ex-Innenminister
Dieses Duell verspricht besondere Brisanz: In Niederösterreich treffen mit Wolfgang Sobotka und Herbert Kickl zwei Ex-Innenminister direkt aufeinander. Dass Sobotka die ÖVP-Landesliste anführt, stand nie infrage. Dass die blau-gelbe FPÖ Herbert Kickl zu ihrem Spitzenkandidaten gemacht hat, überrascht hingegen. Der gebürtige Kärntner lebt zwar seit Jahren in Purkersdorf, politisch aktiv war er auf Landesebene bislang noch nie.
Sobotka und Kickl hatten in der Zeit der türkis-blauen Regierung grundsätzlich kein schlechtes Verhältnis. Der Nationalratspräsident dürfte auch der gewesen sein, der in der ÖVP-Riege die meisten Gespräche mit Kickl geführt hat. Der Umgangston war korrekt, heißt es. Im Wahlkampf wird davon weniger zu spüren sein. Vor allem, weil die FPÖ unbeirrbar die ÖVP-Niederösterreich als treibende Kraft hinter der Absetzung Kickls als Minister vermutet – was Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner dementiert.
Die Reaktion der SPÖ auf dass Promi-Duell: Sie hat mit dem Gewerkschafter Rudolf Silvan einen politisch weitgehend unbekannten Mann auf den ersten Platz gereiht – anstelle von Ex-Ministerin Sonja Hammerschmid.
Wien: Blümel gegen Rendi-Wagner – und den roten Bürgermeister
Wer im Bund gewinnen will, der muss in Wien gut abschneiden. Eine Polit-Weisheit, mit der vor allem die ÖVP oft zu kämpfen hatte. Sie hat sich daher in Wien ein klares Ziel gesetzt: den zweiten Platz hinter der SPÖ. Richten soll es Gernot Blümel. Ex-Minister, Vertrauter von Sebastian Kurz, geübter Kämpfer gegen Rot-Grün.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, die selbst die Wiener Liste anführt, hat also starke Konkurrenz. Ob sie sich auf Wien konzentriert, ist fraglich. Sie muss durch Österreich touren. Kein Nachteil, sagen Insider: Gerade in den Außenbezirken ist ihre Zugkraft gering. Bürgermeister Michael Ludwig wird Schützenhilfe leisten – und ist auch der stärkere Gegner für Blümel. (Bei der Wien-Wahl treffen sie 2020 erneut aufeinander).
Konkurrenz von Links sind die Grünen mit Lukas Hammer. Er und die FPÖ (mit Dagmar Belakowitsch und Philippa Strache) gefährden das ÖVP-Ziel. Der zweite Platz ist ambitioniert: 2017 gelang es knapp – mit 0,25 Prozentpunkten Vorsprung auf Blau. Bei Nationalratswahlen klappte es zuvor 2006.
Burgenland: Nur zweite Wahl
Im rot-blauen Kernland bringt der Juniorpartner eindeutig mehr Kampfgewicht auf die Waage. Während die FPÖ Bundesparteichef Norbert Hofer auf Platz eins der Landesliste aufbietet, geht für die SPÖ ein überregional unbekannter Mandatar ins Rennen: Christian Drobits. Landeschef Hans Peter Doskozil, 2017 im Burgenland noch SPÖ-Spitzenkandidat, schickt nicht von ungefähr einen „No-Name“ ins aussichtslose Rennen.
Wichtiger als die Bundeswahl ist für den roten Granden und obersten Kritiker der Bundes-SPÖ die Landtagswahl im Jänner. Dort geht‘s darum, wie sehr die Landes-ÖVP vom Kurz-Effekt profitieren kann. Gelingt ihr das so stark wie bei der Nationalratswahl 2017 und EU-Wahl im Mai, ist Doskozil entzaubert.
OÖ: Grüne im Aufwind
Die schwarz-blaue Koalition hat die Ibiza-Affäre im Land ob der Enns überlebt – und die Oberösterreicher dürften damit recht zufrieden sein. In einer IMAS-Umfrage zur Landespolitik liegt die ÖVP bei bis zu 42 Prozent, die FPÖ trotz Einbußen noch immer auf Platz zwei mit 26 Prozent.
Vielversprechend wirkt die Landes-Umfrage für die Grünen: Sie kommen auf 15 bis 17 Prozent und überholen die Roten mit 12 bis 14 Prozent. Ob sich das auf die Bundeswahl überträgt, bleibt freilich abzuwarten. Für die Grünen geht der 34-jährige Landessprecher Stefan Kaineder ins Rennen.
Die SPÖ setzt den früheren Langzeit-Minister Alois Stöger auf den ersten Platz, hinter ihm kandidiert Eva-Maria Holzleitner – als jüngste SPÖ-Mandatarin.
Steiermark: Gespanntes Warten
Die steirischen Politiker wirken vor dem 29. September sehr angespannt: Schwarz-Rot regieren im Land, doch das türkis-blaue Lüfterl des Bundes weht seit 2017 über den Semmering. So sehr, dass sich ÖVP und SPÖ in der Steiermark gemeinsam vor Einflüssen aus Wien abzuschotten versuchten.
Während vorzeitige Landtagswahlen nicht vom Tisch sind, dominieren im Nationalratswahlkampf Bundespolitiker: Jörg Leichtfried, Ex-SPÖ-Verkehrsminister, und Juliane Bogner, Ex-ÖVP-Familienministerin, auf Landeslisten, sowie der Grüne Werner Kogler im Grazer Wahlkreis. Ex-Minister Mario Kunasek hält sich für die Landtagswahlen zurück, FPÖ-Spitzenkandidat ist Hannes Amesbauer.
Salzburg: Softer Kampf um Bürgerliche
Harmonisch läuft seit 2013 die Dreierkoalition ÖVP, Grüne und Neos ab – bei den Top-Themen im Land wie Wohnen und Verkehr ist man sich größtenteils einig.
Entsprechend ruhig dürfte der Nationalratswahlkampf werden, sagt ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Mayer: „Bei uns gibt’s, abgesehen von der FPÖ, keine Wadlbeißer.“
Das Problem: Bei ÖVP und Grünen überschneidet sich der Wählerkreis teilweise. Bürgerliche Grüne gehen zur ÖVP, linke ÖVPler liebäugeln mit den Grünen, wo Ex-Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler auf Platz 1 antritt. Das wird nur geringfügig am Ergebnis der ÖVP kratzen – in Umfragen liegt sie mit Kandidat Peter Haubner bei knapp 40 Prozent.
Kärnten: Aufreger nur am Rand
Wenig Neues im Süden: Die ÖVP-Liste führt Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger an, die der SPÖ Philip Kucher, jene der FPÖ Erwin Angerer.
Das BZÖ fiel auf: Es wollte Identitären-Chef Martin Sellner rekrutieren.
Tirol: Solo für Schramböck
Trotz des Abgangs von Andrä Rupprechter hat die Tiroler ÖVP wieder ein ehemaliges Regierungsmitglied an der Spitze ihrer Landesliste: Ex-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Sie wurde für die Wahl politisch in ihre Heimat zurückgeholt. Kira Grünberg kämpft auf der ÖVP-Bundesliste um ein Mandat.
Die FPÖ kann da nicht ganz mithalten. Sie schickt ihren Abgeordneten Peter Wurm gegen Schramböck ins Tiroler Rennen.
Bei den Roten ist Selma Yilidirim die Landesspitzenkandidatin. Die Verantwortung für das Tiroler SPÖ-Ergebnis wird aber wohl Landesparteiobmann Georg Dornauer übernehmen müssen.
Vorarlberg: Wo die Pinken wohnen
Die Neos haben im Heimatland von Matthias Strolz stets ihr bestes Ergebnis (2017: 9 Prozent), für sie geht wieder der Abgeordneten Gerald Loacker ins Rennen.
Bei der ÖVP ist Karlheinz Kopf, WKÖ-Generalsekretär, an vorderster Front.
Mitarbeit: Diana Dauer
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