Bezüglich „negativer Narrative“ dürften sich auch Andreas Hanger, ÖVP-Fraktionschef im Ibiza-U-Ausschuss, und ÖVP-Klubchef August Wöginger angesprochen fühlen. Hanger hat im Juni einem Oberstaatsanwalt der WKStA eine „unglaubliche politische Befangenheit“ und „Fehlleistungen“ bei seinen Ermittlungen vorgeworfen. Anlass seines Ärgers war, dass teils private Chats von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid an den U-Ausschuss übermittelt wurden – und kurz darauf in den Medien landeten.
Wöginger bezeichnete die Korruptionsermittlungen der WKStA gegen ÖVP-Justizsprecherin Martina Steinacker Ende Mai als „politisch motiviert“. In Bezug auf die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel warf er der WKStA „Schlampereien“ vor.
Der ÖVP-Klub will sich auf KURIER-Anfrage nicht zur Kritik der Brüsseler Behörde äußern. Zu Wort meldet sich von ÖVP-Seite nur Karoline Edtstadler, Ministerin für Europa und Verfassung. Sie teilt die Einschätzung der Kommission nicht und kann die Kritik auch nicht nachvollziehen. „Ein starker Rechtsstaat zeichnet sich dadurch aus, dass Kritik an allen Institutionen erlaubt ist“, sagt Edtstadler.
Die grüne Justizministerin Alma Zadić freut sich einerseits, dass der österreichischen Justiz im EU-Vergleich „Bestnoten“ ausgestellt wurden und diese bei der „wahrgenommen Unabhängigkeit“ sogar den ersten Platz belegt. „Zu denken gibt mir allerdings, dass auch die EU in den wiederholten pauschalen Angriffen auf die Staatsanwaltschaften und insbesondere auf die WKStA besorgniserregende Entwicklungen für den Rechtsstaat sieht.“ Das sei „ein klarer Auftrag, keine Parteipolitik auf Kosten des Rechtsstaates zu machen“, sagt Zadić.
Die Kommission bemängelte zudem die Berichtspflichten der WKStA – diese seien aufwendig und würden zu Verzögerungen führen. Auch hier fühlt sich Zadić bestätigt: „Es wird notwendig sein, das Gesetz zu ändern.“ Die Vorbereitungen laufen.
Auch die Initiatoren des Antikorruptions-Volksbegehrens, das bereits mehr als 30.000 Unterstützer zählt, fühlen sich durch den EU-Bericht in ihren Forderungen bestätigt. Weitere Kritikpunkte darin sind mangelnde Transparenz bei den Parteifinanzen und bei der Vergabe von Regierungsinseraten. Lobend erwähnt werden die Pläne zum Bundesstaatsanwalt und das Informationsfreiheitsgesetz.
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