Roboter in der Pflege: "Die Angst vor der Entmenschlichung"

Roboter in der Pflege: "Die Angst vor der Entmenschlichung"
Digitalisierung und Pflege: Seniorenvertreter sehen Vorteil der Technik, mahnen aber ethische und soziale Regeln ein.

Gangnam Style. Er tanzt zu Gangnam Style und die Zuschauer wippen mit, schnippen mit den Fingern und staunen. Staunen über den 120 cm großen und 28 Kilogramm schweren Pepper, der zuhört, der spricht, die Mimik des Gegenübers analysiert und dem entsprechend reagiert. „Möchtest Du etwas trinken?“ Ein Klick auf das Tablet würde genügen, und der mit der Cloud verbundene Pepper sorgt dafür, dass der Kaffeeautomat in der Nähe seinen Dienst tut.

Pepper steht nicht in Asien vor Forschern, sondern in einem Altenheim in Europa. Er ist einer von vielen humanoiden Roboter-Modellen, die weltweit bereits in vielen Branchen im Einsatz sind. Seit den 2000er-Jahren wird an AAL-Lösungen (Ambient/Active Assisted Living/ altersgerechte Assistenzsysteme für ein umgebungsunterstütztes, unabhängiges Leben) gearbeitet, die Pflegebedürftigen solange als möglich ein selbstständiges Leben zu Hause ermöglichen sollen. 

Gemäß dem „Masterplan Pflege“, den die Regierung jüngst vorlegte, sollen AAL-Lösungen verstärkt gefördert werden. Grund: Der Bedarf wird immer größer: 2028 wird die Zahl der Pflegegeldbezieher um 36 Prozent auf 628.000 Menschen gestiegen sein. Die Besorgnis über die technischen Möglichkeiten steigt allerdings auch. „Technisierung und Pflege passen in den Augen vieler Betroffener nicht zusammen“, sagt Seniorenbundpräsidentin (ÖVP) Ingrid Korosec.

„Die Angst vor Entmenschlichung ist groß. Roboter-Tiere, die Demenzkranken zum Streicheln und Reden dienen, sehe ich zwiespältig. Die Technik darf nie die menschliche Zuwendung ersetzen.“ Gleichzeitig müsste der positive Techniknutzen viel mehr in der Bevölkerung bekannt gemacht werden, sind sich Korosec und Peter Kostelka, Vorsitzender des Pensionistenverbandes (SPÖ)einig. „Ich sehe in der neuen Technologie – vom Notfallknopf auf der Armbanduhr über Kleidung mit Sensoren bis zur Fernsteuerung von medizinischen Geräten – nur Vorteile“, sagt Kostelka. Mit dem ihm wichtigen Nachsatz: „Wenn man sie richtig einsetzt.“

Er verweist auf die Tücken der Innovation und „Elga“. „Man darf nicht nur technikverliebt sein wie beim Start der elektronischen Krankenakte, sondern muss auch berechtigte Bedenken der Kritiker ausräumen und die Privatsphäre schützen.“

Persönliche Daten, die Geräte oder Roboter messen und speichern, dürften nur dem Betroffenen, Ärzten und Pflegepersonal zur Verfügung stehen. Zudem fragt Korosec: „Wer haftet bei Schäden, die autonome Roboter verursachen? Diese Fragen des Haftungsrechtes, des Datenschutzes und der Ethik kommen auf uns zu.“

Mit Kostelka appelliert sie an die Bundesregierung, die ethischen, sozialen und technischen Regeln beim Einsatz von AAL-Lösungen schnell mit der Bioethikkommission festzulegen. „So können wir die Entwicklung steuern, anstatt von ihr getrieben zu werden.“

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