Im kleinen Kreis, aber doch vereint unter dem Weihnachtsbaum – mit diesem Bild warb Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag für die von ihm angekündigten Corona-Massentests der österreichischen Bevölkerung. Wie diese genau ablaufen sollen und vor allem, ob wirklich alle Einwohner oder nur bestimmte Gruppen getestet werden, das soll bis Ende der Woche beschlossen werden. Auch welches Ministerium (Gesundheit, Verteidigung, Inneres) den Test federführend abwickeln wird, ist noch unklar.
Als Entscheidungshilfe sollen die Erfahrungen der Slowakei dienen, die an zwei Wochenenden 90 Prozent ihrer rund 5,5 Millionen Einwohner testete. Nach einer Videokonferenz mit Ministerpräsident Igor Matovič erklärte Kurz, die Slowakei habe es geschafft, mehr als 50.000, großteils symptomlose Infizierte in die Quarantäne zu schicken und so die niedrigste 7-Tages-Inzidenz in ganz Zentraleuropa zu erreichen. Zwar sei ein Test immer nur eine Momentaufnahme, allerdings könne so das Infektionsgeschehen zumindest gebremst werden.
Auch der slowakische Außenminister Ivan Korcok zeigte sich im Gespräch mit Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) stolz auf den Erfolg. Es sei eine logistisch wie politisch schwierige Aufgabe gewesen, die Massentests durchzuführen. Politisch vor allem, weil man die Bevölkerung motivieren musste, am Test teilzunehmen. Die größte Herausforderung stehe aber jetzt erst bevor: Die Bevölkerung erwarte sich nun eine schnelle Öffnung und Lockerung der Maßnahmen. Doch man brauche Tests und einen partiellen Lockdown, um die Zahlen unten zu halten, erklärte Korcok.
In der Slowakei war die Teilnahme an den Tests zwar „freiwillig“, für alle ohne ein negatives Ergebnis hieß es aber: zehn Tage Hausarrest. Auch in Österreich werde man auf Freiwilligkeit setzen, erklärte Kurz. Die Frage, ob es für jene, die nicht an den Tests teilnehmen, Konsequenzen wie in der Slowakei geben könnte, wollte er nicht explizit verneinen.
Hausarrest gilt nicht als Zwang
Wäre eine Verpflichtung zum Test bzw. mögliche Konsequenzen für jene, die sich nicht testen lassen wollen, rechtlich überhaupt zulässig? „Laut Epidemiegesetz ist ein derartiges Screening nur auf freiwilliger Basis, aber nicht zwangsweise oder gegen den Willen der Betroffenen möglich“, erklärt der unter anderem auf Verfassungsrecht spezialisierte Jurist Bernhard Glawitsch. „Da ein verpflichtendes Screening einen erheblichen Grundrechtseingriff darstellt, wäre dafür die Schaffung einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage erforderlich.“ Indirekter Druck durch Sanktionen wie Hausarrest gelte aber nicht als Zwang zum Test, sagt Glawitsch.
Kein Labor notwendig
Bleibt die medizinische Komponente. Für Massentests werden Antigen-Tests verwendet. Sie liefern ein Ergebnis in 15 bis 30 Minuten, anders als bei PCR-Tests ist eine Auswertung im Labor nicht erforderlich. Für die Durchführung von Massenscreenings mit PCR-Tests würde die Kapazität der österreichischen Labore nicht ausreichen, erklärt die AGES-Virologin Daniela Schmid.
Ein Antigen-Test funktioniert wie ein Schwangerschaftstest. Nach einem Abstrich aus dem Nasen-Rachenraum wird das Stäbchen in eine Lösung getaucht. Diese wird dann in eine Testkassette geträufelt, in der sich ein Antikörper befindet. Ist in der Probe ein virales Antigen, wird eine Farbreaktion ausgelöst. Erscheinen zwei Streifen (statt nur einem) auf dem Test, ist er positiv.
Ein Test 6 bis 8 Euro
Das Problem: „Es gibt sowohl falsch negative, als auch falsch positive Ergebnisse“, sagt Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien. Das heißt, es könnten sich nach dem Massentest sowohl Infizierte in der Öffentlichkeit aufhalten, als auch Gesunde zu Hause sitzen. Je nach Hersteller sei die Qualität der Tests höher oder niedriger. Auch das Virus sei in unterschiedlichen Phasen nach der Ansteckung unterschiedlich leicht oder schwierig zu erkennen. Aussagekräftig sei der Test laut der Virologin auch immer nur im Moment der Probenentnahme, erspare daher nicht die Schutzmaßnahmen.
Für eine langfristige Wirkung müsste er regelmäßig wiederholt werden. Und das könnte die Republik einiges kosten. Im Einzelverkauf kommt ein Test je nach Marke immerhin auf sechs bis acht Euro.
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