Was vom Ausnahmezustand geblieben ist

Was vom Ausnahmezustand geblieben ist
Das Coronavirus hat das Land in den vergangenen eineinhalb Jahren verändert. Was ist von der Sondersituation für den Herbst noch griffbereit, was weggefallen? Ein Überblick.

Die Corona-Pandemie hat unser Leben nachhaltig verändert – daran gibt es nach mehr als eineinhalb Jahren im Ausnahmezustand keine Zweifel mehr.

Nach einer kurzen Schockstarre haben Bevölkerung, Politik und Wirtschaft seit März 2020 gelernt, sich an das Leben inmitten der Pandemie anzupassen. Dabei ist nicht nur die Maske zum ständigen Begleiter und das Einhalten von Mindestabständen zur Gewohnheit geworden.

Auch Projekte, die zwar in diversen Regierungsprogrammen niedergeschrieben waren, dann aber jahrelang schleifen gelassen wurden, mussten plötzlich Fahrt aufnehmen. Man denke etwa an die Digitalisierung des Bildungsbereiches, den Breitbandausbau oder die eMedizin. Um die Wirtschaft vor dem kompletten Zusammenbruch zu bewahren, mussten Finanzhilfen in nie geahnter Größe her.

Nun nähern wir uns langsam – sehr langsam – wieder einer Normalität. Immerhin: „Für jeden, der geimpft ist, ist die Pandemie vorbei“, hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz erklärt. Gleichzeitig bäumt sich gerade eine vierte Corona-Welle auf – laut Experten wird sie vor allem Ungeimpfte hart treffen und den Gesundheitssektor wieder stark fordern. Mit welchem Handwerkszeug gehen wir also in diesen Herbst? Was ist abseits der Maßnahmen zum Verhindern einer Ansteckung von den zuvor eingeführten Regeln, Möglichkeiten und Hilfen geblieben? Was davon ist bereits wieder weggefallen?

Was hat  Corona im Gesundheitssektor verändert?

eMedizin. Am unmittelbarsten von der Pandemie betroffen und insofern auch den größten Veränderungen unterworfen war und ist der  Gesundheitsbereich. Die Ärztekammer nennt es einen „Dammbruch“, was hier durch die Krise bei der Digitalisierung weitergegangen ist.  Krankschreibung übers Telefon und elektronische Übermittlung von Rezepten – vieles war plötzlich möglich, um medizinisches Personal zu entlasten und das Ansteckungsrisiko im Wartezimmer zu reduzieren.

Das eRezept gibt es teilweise nach wie vor und soll nach dem laufenden Pilotbetrieb großflächig ausgebaut werden.  Ein Arzt kann dann Medikamente telefonisch verschreiben, für die Abholung in der Apotheke ist kein Papierrezept notwendig. Apropos Pilotbetrieb: Dort befindet sich nach wie vor der eImpfpass. Corona-Impfungen werden  darin aber schon jetzt eingetragen.
Wieder passé ist (außer bei Covid-Verdacht) seit Ende Juni hingegen die Möglichkeit, sich telefonisch krankschreiben zu lassen. Dafür muss man derzeit wieder beim Doktor vorstellig werden. 

Sind wir jetzt digital besser aufgestellt? 

Alles online. Einen Digitalisierungsschub brachte die Pandemie nicht nur dem Gesundheitsbereich. Eine Handysignatur zu haben, war durch die Lockdowns plötzlich  das Gebot der Stunde. Im Winter 2020 nutzten sie fast 2,5 Millionen Österreicher als  Schlüssel für digitale Verwaltungsservices. Spätestens mit dem „Grünen Pass“ wurden auch QR-Codes in der breiten Bevölkerung bekannt. 

Zu Corona-Zeiten wurde auch der digitale Identitätsnachweis „ID Austria“ als Weiterentwicklung der Handysignatur in die Pilotphase geschickt, in der er sich gegenwärtig noch befindet. Sie soll es ermöglichen, sich online auszuweisen, digitale Services zu nutzen und Geschäfte abzuschließen. Auch an der Einführung des „Digitalen Führerscheins“ werde intensiv gearbeitet, heißt es aus dem Digitalisierungsministerium.  
 Um vieles digitaler wurde auch die Lehre an den Universitäten. Grundlegende Regelungen für die elektronische Durchführung von Prüfungen wurden im Laufe der Pandemie  in das Dauerrecht des Universitätsgesetzes übernommen.

Gibt es noch finanzielle Covid-Hilfen?

Geldleistungen. Corona-Hilfen für Unternehmen und Privatpersonen wurden in den vergangenen 17 Monaten zahlreich auf den Weg gebracht, um Wirtschaft, Standort und Beschäftigung vor dem Kollaps zu bewahren. Manche Hilfszahlungen gab es nur einmalig, manche laufen noch, können aber nicht neu beantragt werden, wieder andere wurden verlängert.  

Die Corona-Kurzarbeit  gibt es noch, bis zum 30. 6. 2022 läuft Phase 5, bei der es zwei Schienen gib:  Eine für besonders betroffenen Betriebe (bis 31. 12. 2021 befristet) und  eine für die übrigen Betriebe. 

Der Corona-Härtefallfonds ging nach Ablauf der Phase 2 mit Ende Juli in die Phase 3 über. Die Antragsfrist für das Covid-19-Ratenzahlungsmodell bzw.  die gesetzlich vorgesehene Stundung von Abgabenbeträgen ist mit 30. Juni ausgelaufen. Hier ist aber eine sogenannte „Safety-Car“-Phase angelaufen. Rückzahlungen werden flexibilisiert und auf bis zu 36 Monate ausgeweitet. 

Anträge für den Fixkostenzuschuss  und Verlustersatz können noch bis 31. 12. gestellt werden.  


 

Was hat sich für Arbeitnehmer verändert?

Teleworking. Als die Pandemie im März 2020 ausbrach, passierte es ohne eine gesetzliche Grundlage: Viele Arbeitgeber verabschiedeten ihre Mitarbeiter kurzerhand ins Homeoffice, Rechte und Pflichten waren zunächst undefiniert. 

Ein Zustand, der bis in den April dieses Jahres anhalten sollte. Seither ist die Arbeit von zu Hause kein juristischer Graubereich mehr, sondern gesetzlich im Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz geregelt.

Betriebe müssen ihren Mitarbeitern die erforderlichen digitalen Arbeitsmittel für die Telearbeit zur Verfügung stellen. Alle Bestimmungen über Arbeits- und Ruhezeit gelten auch bei der Arbeit von zu Hause. Die Corona-Regelung, dass im Homeoffice Unfallversicherungsschutz wie am Arbeitsplatz gilt,  wird Dauerrecht. 

Ein Recht auf Homeoffice oder eine Pflicht dazu gibt es aber nicht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich schriftlich darauf einigen. 
Und: Arbeitgeber können ihren Beschäftigten in den Jahren 2021 bis 2023  maximal 300 Euro pro Kalenderjahr  steuerfreie Homeoffice-Pauschale zahlen.

Was passiert mit den Hilfen für Familien? 

Erziehung. Corona war für Familien schon bisher extrem fordernd. Der Corona-Familienhärtefonds wurde eingeführt, der Bund hatte 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit wird bald Schluss sein, einen Antrag zu stellen, ist seit 1. Juli nicht mehr möglich. 

Auch die kurzfristige Regelung, dass das Kinderbetreuungsgeld auch ausbezahlt wird, wenn die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nicht termingerecht abgehalten werden, gilt aktuell nicht mehr. 

Eine nachhaltige Umstellung brachte die Pandemie hingegen im Bildungsbereich. Deutlich wird sie auch mit dem Beginn des neuen Schuljahres. Neben konkreten Coronatest-Plänen haben die Schulen bei den technischen Leihgeräten für Schüler aufgerüstet.  Außerdem haben sich die Kommunikationswege zwischen Lehrpersonal, Schülern und Eltern in den digitalen Raum verlagert: Während es im neuen Schuljahr nicht mehr zu Schulschließungen kommen soll, sind Neuerungen wie das digitale Klassenbuch und die Ausweitung von eLearning-Möglichkeiten gekommen, um zu bleiben. 

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