Es gibt Themen, über die kaum einer sprechen will, und am besten auch nichts wissen. Nicht, weil diese Themen uns als Gesellschaft nicht tangieren, sondern weil sie so erschreckend und brutal sind, dass allein darüber zu lesen schmerzt. Eines dieser Themen ist die weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation) FGM genannt. Am Sonntag wird der Internationale Tag gegen FGM begangen.
In Österreich leben 6.000 bis 8.000 Frauen und Mädchen, die davon betroffen sind. Die Dunkelziffer dürfte noch weit höher sein. Weitere 1.000 Mädchen unter 18 Jahren gelten laut einer Studie des European Institute for Gender Equality aus dem Jahr 2021 als davon bedroht.
Die meisten von ihnen stammen in erster oder zweiter Generation aus Somalia, Ägypten oder Nigeria.
Bedroht, das heißt, dass die Mädchen Gefahr laufen, dass ihnen zumeist ohne Narkose die Klitoris und/oder die inneren und äußeren Schamlippen entfernt, oder die Schamlippen zusammengenäht werden, um eine künstliche Gewebeschicht über der Vaginalöffnung zu erzeugen. Die Schmerzen, die die Mädchen dabei erleiden müssen, sind kaum vorstellbar.
Schwere Folgen
Nicht selten treten danach schwere gesundheitliche Folgen auf: Infektionen, Zysten, Einschränkungen des sexuellen Empfindens, Unfruchtbarkeit. Im Hintergrund steht keine spezielle Religion oder Kultur, sondern eine Tradition aus bestimmten Gebieten.
In Österreich ist FGM strafrechtlich verboten. Aber: „Expertinnen und Experten berichten, dass solche Praktiken auch in Österreich nie ganz ausgeschlossen werden können. Eine deutlich größere Gefahr sind aber die Reisen ins Ausland, wo unter einem anderen Vorwand für die Reise und unter dem Druck der Familie FGM durchgeführt wird. Dieser Gefahr kann nur mit Aufklärung begegnet werden“, sagt Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) zum KURIER.
Aus diesem Grund wird nun die erste bundesweite FGM-Koordinierungsstelle eingerichtet, kündigt Raab an. „Sie wird die zentrale Anlaufstelle sein für Betroffene sowie Einrichtungen, die bundesweit Frauen und Mädchen betreuen und Beratungen, Workshops sowie Schulungen anbieten, sowohl für Betroffene als auch Multiplikatoren aus den Communities“, erklärt die Frauenministerin. Kosten: eine Million Euro. Auch im 2021 verabschiedeten Gewaltschutzpaket seien Maßnahmen speziell für Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund inkludiert.
Geahndet werden können Fälle von weiblicher Genitalverstümmelung freilich nur schwierig. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz schreibt jedoch eine Meldepflicht des Krankenhauses vor, wenn im Rahmen einer Geburt festgestellt wird, dass die Kindesmutter von FGM betroffen ist. So könnten gegenbenfalls auch Töchter geschützt werden, das gleiche wie ihre Mütter zu erleiden.
Doch auch ärztliche Meldepflichten haben ihre Schattenseite: Betroffene Frauen haben dann oft Angst, sich behandeln zu lassen und damit ihre Angehörigen in Schwierigkeiten zu bringen.
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