Österreicher stürmten Parlament - und alle hat's gefreut

Österreicher stürmten Parlament - und alle hat's gefreut
Nach der Renovierung hat an diesem Wochenende das Parlament seine Türen für Besucher geöffnet. Sie kommen aus ganz Österreich – um zu schauen, zu reden und zu fragen.

Wer genau das ist, der Mann im Anzug mit Stecktuch, der da gleich nach dem Sicherheitscheck steht und unaufhörlich Hände schüttelt, das wissen längst nicht alle Besucher. Aber das macht nichts, denn die meisten von ihnen sind auch nicht für ein Treffen mit dem Nationalratspräsidenten gekommen. Sie sind mehr als eine Stunde angestanden, um sich am Tag der offenen Tür das neu renovierte Parlament anzusehen.

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Jetzt also sind sie drin und können einen Rundgang durch das 55.000 Quadratmeter große und 139 Jahre alte Haus mit seinen 1.600 Räumen beginnen. Manche der Besucher kommen aus Interesse am Gebäude. Manche, weil sie wissen wollen, wie die Büros der Klubobleute und Nationalratspräsidenten aussehen. Andere hoffen, einige Abgeordnete zu treffen und ihnen Fragen stellen zu können.

In der Säulenhalle haben die Parteien ihre Stände aufgebaut. Eine ältere Dame sammelt Autogramme von all jenen, die sie sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Ihre Hand zittert ein bisschen, als sie der grünen Klubobfrau Sigrid Maurer den Zettel reicht. Inzwischen schütteln SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und ÖVP-Mandatar Friedrich Ofenauer Hände. Schimpfen würden die Besucher kaum, erzählen beide. „Einige sagen, sie erwarten sich einen besseren Umgangston im Parlament“, sagt Ofenauer. „Es ist gut, dass wir erinnert werden, für wen wir arbeiten“, sagt Rendi-Wagner. Nebenan will ein Herr derweil von den Grünen wissen: „Wie geht’s eich mit den Schworzen?“

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Mitten im Gemenge stehen Mathias und Tobias. Sie seien gekommen, weil sie sich für Politik interessieren, sagen die 15-jährigen Schüler. Mathias hat extra Sakko, Hemd und Krawatte angezogen. Die beiden werden mit vielen Fotos mit lächelnden Politikern nach Hause gehen. Zu Fotografen umfunktioniert: die Pressesprecher.

Fotografiert wird vor allem auch der historische Sitzungssaal. An seinem Rand stehen Bänke die so alt sind, dass zwei Damen gut abwägen, ehe sie sich daraufsetzen. „Wenn sie mich aushält, hält sie dich auch aus“, raunt die eine der anderen zu.

Auch Familie Webora aus Wien steht am Rande des Saales, die beiden Kinder haben den Blick nur nach oben gewandet. „Am besten gefällt ihnen die Decke“, sagt ihre Mutter. Sie selbst war zuletzt vor vielen Jahren mit der Schule hier. „Es ist schön, wie Altes und Neues verbunden worden ist“, sagt sie.

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Antik und modern

Ganz ähnlich sieht das Birgit Streibel-Lobner, die mit Mann, Schwester und Mutter gekommen ist. Warum? „Ich bin eine glühende Verfechterin der Demokratie“, sagt sie.

Im Erdgeschoß stehen derweil Sheila und ihr zwölfjähriger Sohn Omar vor den lebensgroßen Video-Abbildungen der Klubobleute, mit denen man über eine Art Chatbot sprechen kann. „Ich glaube, hier zu sein, ist gerade für die Jugend wichtig“, sagt Sheila mit Blick auf ihren Sohn. Um gerade jungen Menschen die Demokratie näherzubringen, gibt es ganz oben, im dritten Stock des Gebäudes die Demokratiewerkstatt, wo heute die Schüler des BG8 ihre Fragen stellen können.

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Oben, unten, links und rechts: Ganz kennen sich neben den Besuchern auch die Abgeordneten , nach Jahren im Ausweichquartier in der Hofburg, selbst noch nicht wieder im Parlament aus . Immer wieder geht eine Lifttür mit einem Mandatar auf, der beim Versuch, sich zu orientieren, durch die Gänge schaut. Von all dem Trubel ungerührt steht draußen, vor dem Haupteingang die Statue von Pallas Athene.

Weise blickt sie im Abendlicht auf die langsam weniger werdenden Besucher.

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