Prinzipiell gibt es in Österreich keine Cooling-Off-Phase. Ein Wechsel in die Privatwirtschaft, aber auch in staatsnahe Betriebe, die man als Minister eventuell selbst mitgestaltet hat, wäre rechtlich kein Problem. Das Gerücht, Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger könnte in den Vorstand der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) wechseln, ergab deshalb auf den ersten Blick Sinn. Da Köstinger keinen Studienabschluss hat, kommt sie für den Job mit einer Jahresgage von 350.000 Euro aber wohl doch nicht in Frage. Vor allem die Neos fordern vehement eine Cooling-Off-Phase für Politiker.
Erhält man als Minister nach dem Rücktritt Arbeitslosengeld?
Nein. Was Politiker in Österreich verdienen dürfen, regelt das Bundesbezügegesetz. Das monatliche Brutto-Gehalt eines amtierenden Ministers liegt zum Beispiel bei 18.111,90 Euro. Anspruch auf dieses Gehalt haben Minister mit dem Tag der Angelobung. Mit dem Tag des Ausscheidens aus der Funktion endet der Anspruch. Tritt nun ein Minister inmitten eines Monats zurück, wird er tatsächlich für jeden Tag mit einem Dreißigstel des Monatsbezuges abgegolten. Danach steht ihm eine Gehaltsfortzahlung von 75 Prozent des Monatsbezugs für sechs Monate zu – was 13.583,925 Euro brutto wären. Rechnet man das 13. und 14. Monatsgehalt in diese Summe mit ein, hätten die Ministerinnen theoretisch rund 95.000 Euro an Gehaltsfortzahlung bekommen können.
Ist diese Bezugsfortzahlung an Vorgaben gebunden?
In der Tat. Immer wieder heißt es nach Rücktritten von Regierungspolitikern, sie würden auf ihre Gehaltsfortzahlung verzichten. Oft stimmt das nicht, denn Fakt ist: Die Gehaltsfortzahlung steht einem Politiker nur dann zu, wenn er nach dem Ausscheiden aus dem Amt keiner Erwerbstätigkeit nachgeht oder nicht die Pension antritt. Das Gesetz ist sogar noch strenger, wie die Fälle von Köstinger und Schramböck zeigen. Beide haben keinen Anspruch auf eine Gehaltsfortzahlung, obwohl sie – Stand Donnerstag – noch keinen neuen Arbeitgeber haben. Der Grund: Sie hätten Anspruch auf ein Mandat im Nationalrat. "In dem Moment, in dem ich Anspruch auf ein Einkommen habe, erlischt das Anrecht auf die Bezugsfortzahlung", erklärt Parlamentsexperte Werner Zögernitz dem KURIER.
Übrigens müssten Schramböck und Köstinger innerhalb einer Woche nach ihrem Rücktritt bekanntgeben, dass sie auf die Annahme des Mandats verzichten, sonst sitzen sie automatisch im Nationalrat. Sollte etwa Schramböck ihr Mandat annehmen, müsste die 59-jährige Tirolerin Alexandra Tanda ihren Sitz räumen.
Hat schon einmal ein Ex-Regierungsmitglied eine Gehaltsfortzahlung zu Unrecht erhalten?
Womöglich. Ex-Familienministerin Sophie Karmasin, Beschuldigte in der ÖVP-Inseratenaffäre, beantragte nach ihrem Amtsende eine Bezugsfortzahlung. Sie soll aber gleichzeitig weiterhin als Meinungsforscherin tätig gewesen sein. Karmasin erhielt nach ihrer Tätigkeit als Ministerin 74.141,49 Euro. Nach einer Anfrage der ZiB 2 zahlte Karmasin umgehend 62.000 Euro zurück. Blieb eine Differenz von 12.000 Euro, die Karmasin mittlerweile ebenfalls beglichen hat, nachdem das Kanzleramt diese einforderte.
Hat ein neuer Minister schon einmal seine Angelobung versäumt?
Ja, jüngst. Der Tiroler Norbert Totschnig sollte am Mittwoch als Nachfolger von Köstinger angelobt werden. Aufgrund einer Corona-Infektion konnte er nicht zum Termin erscheinen. "Zumindest in den letzten 40 Jahren ist mir kein konkreter Fall bekannt, wo ein Minister aufgrund gesundheitlicher Probleme seine Angelobung verpasst hat", sagt Zögernitz. Das Ergebnis von Totschnigs Absenz: Köstinger bleibt Ministerin, bis Totschnig wieder fit ist und Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Angelobung nachholen kann. Zeitlich enge Vorgaben hat Van der Bellen bei der Terminfindung nicht, die Angelobung sollte prinzipiell aber "umgehend" stattfinden. Hätte Köstinger abgelehnt, weiterhin Ministerin zu sein, hätte wohl ein anderer ÖVP-Minister für die wenigen Tage ihre Agenden übernommen, sagt Zögernitz.
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