Warum die Quarantäne-Regeln vorerst bleiben

Coronavirus - Tübingen
Oberösterreichs Landeschef Stelzer will Quarantäne abschaffen, Experten sind sich uneins, ob Verkehrsbeschränkung ausreichen wird.

Die Zahl der täglichen Neuinfektionen ist weiterhin hoch – parallel wird der Ruf nach geänderten Corona-Regeln wieder lauter. Zuletzt plädierte Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer für das Aus der Absonderungsregeln. „Wir müssen akzeptieren, dass Corona bleibt,“ so Stelzer, und: „Die Krankheit ist nach zwei Jahren eine andere geworden. Wir müssen mit der Quarantäne aufhören“. Hintergrund: Durch die hohe Zahl der Neuinfektionen und die bestehenden Absonderungsregeln haben diverse Branchen mit massiven Dienstausfällen und wirtschaftlichen Einbußen zu kämpfen.

Fakt ist derzeit: Für Kontaktpersonen gelten nur mehr Verkehrsbeschränkungen (FFP2-Maske, kein Besuch von Großveranstaltungen oder Gesundheitseinrichtungen).

Positiv auf Corona Getestete müssen sich absondern und können bei leichtem Krankheitsverlauf ab dem 5. Tag bei 48 Stunden andauernder Symptomfreiheit die Selbstisolation beenden (nur in Wien ist dafür ein PCR-Test notwendig). Um die Verkehrsbeschränkung (10 Tage) vorzeitig beenden zu können, muss der PCR-Test negativ sein respektive der CT-Wert ≥ 30 sein.

Absonderung soll bleiben

An diesen Regeln will das Gesundheitsministerium weiter festhalten, wie es auf KURIER-Nachfrage heißt. „Wir prüfen auch die Möglichkeit, Bescheide automatisiert zu erstellen. Damit können Absonderung und Quarantäne bestehen bleiben. Gleichzeitig werden die Behörden massiv entlastet“, heißt es aus dem Ressort. „SARS-CoV-2 soll weiterhin eine anzeigepflichtige Erkrankung nach dem Epidemiegesetz bleiben.“ Änderungen der Schutzmaßnahmen wie die Wiedereinführung der FFP2-Maskenpflicht an Orten des täglichen Bedarfs oder in öffentlichen Verkehrsmitteln „sind derzeit nicht geplant“.

Hierfür sieht auch Epidemiologin Eva Schernhammer aktuell keinen Bedarf. Sie kann sich vorstellen, die „Isolationspflicht bei jenen „Menschen stärker einzufordern“, die in ihren Berufen besonders viel Kontakt mit anderen haben. In anderen Bereichen könne mehr auf die Selbsteinschätzung gesetzt werden.

Laut Epidemiologen Gerald Gartlehner, Donau-Uni Krems, reduzieren drei Faktoren die Wirksamkeit der Isolation derzeit stark: „Dass auch asymptomatische Personen ansteckend sind, dass BA.5 infektiöser als alle bisherigen Varianten ist und dass das Virus sehr stark zirkuliert.“ Das führe dazu, dass Ansteckungen „meist schon passiert sind, bevor die Betroffenen isoliert sind“. Dadurch habe die Isolation nur mehr wenig Auswirkungen auf den Verlauf der Welle, gleichzeitig gebe es viele Kollateralschäden. Bei Asymptomatischen stelle er deshalb zur Diskussion, die Verkehrsbeschränkung schon ab Tag eins oder zumindest früher einzuführen: „Wer krank ist, soll aber zu Hause bleiben.“

„Ich halte eine Aufhebung der Isolation für zu früh“, sagt hingegen der Mikrobiologe Michael Wagner, Uni Wien. „Dadurch werden noch weniger Infektionsketten unterbrochen und man hat nachher mehr Infizierte. Ich hielte das für ein weiteres Signal in die falsche Richtung. Das bringt uns nur kurzfristig etwas.“ Natürlich könne man nicht alle Ansteckungen verhindern, „aber viele“. Und: „Wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir immer schneller neue Varianten erzeugen. Bei so hohen Infektionszahlen bieten sich dem Virus enorme Evolutionsmöglichkeiten.“ Auch im Büro des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker will man nichts ändern. „Das wäre eine sehr riskante Strategie.“

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