Warum die NÖ-Wahl diesmal so besonders ist
Als Johanna Mikl-Leitner vor fünf Jahren das erste Mal als Landeshauptfrau bei einer Niederösterreich-Wahl antrat, hat sich das für sie im Vergleich zum derzeitigen Wahlkampf wie ein gemütlicher Spaziergang angefühlt. Damals gab es nur zwei Elefantenrunden, diesmal hingegen ist das Interesse der gesamten Medienlandschaft um einiges größer.
Die ÖVP-Spitzenkandidatin muss gleich vier bis fünf Mal mit ihrer Konkurrenz in den Ring steigen. Mit Franz Schnabl (SPÖ), Udo Landbauer (FPÖ), Helga Krismer (Grüne) und Indra Collini (Neos) sind es die gleichen Herausforderer wie 2018. Die Ausgangslage ist aber eine ganz andere.
Im Jahr 2018 war wenige Wochen vor der Landtagswahl Sebastian Kurz als Kanzler einer türkis-blauen Bundesregierung angelobt worden. Mikl-Leitner schaffte danach trotz gegenteiliger Umfragen mit der ÖVP wieder die absolute Mehrheit. Fünf Jahre später ist die ÖVP im Bund mit Kanzler Karl Nehammer in Umfragen auf den dritten Platz abgerutscht. Hinter FPÖ und SPÖ. Beide Parteien holen deswegen auch immer wieder die Bundespolitik in den Wahlkampf herein. Die SPÖ mit den Verbindungen von Mikl-Leitner zu Ex-Kanzler Kurz, die FPÖ zuletzt mit einer Attacke gegen die CO2-Bepreisung.
NÖ-Wahl als Weichenstellung für die Nationalratswahl
Das Ziel ist, nicht nur in St. Pölten die Machtverhältnisse neu zu verteilen, sondern gleich eine Weichenstellung im Hinblick auf die kommende Nationalratswahl zu schaffen, die spätestens im Herbst 2024 stattfinden wird. Franz Schnabl betont deswegen bei fast jeder Parteiversammlung, dass man am 29. Jänner nicht nur Niederösterreich, sondern auch das Bundeskanzleramt zum Beben bringen werde.
Die Erwartungen
Die Bundesparteivorsitzenden werden diesmal bei der Landtagswahl auch kräftig mitmischen. Pamela Rendi-Wagner war schon im Vorfeld immer wieder zu SPÖ-Veranstaltungen geholt worden. Herbert Kickl hat den traditionellen Neujahrsempfang der Partei am 14. Jänner nach Wiener Neustadt verlegt, der Heimatstadt von Spitzenkandidat Udo Landbauer. Bei den Grünen waren bereits Vizekanzler Werner Kogler sowie die Ministerinnen Leonore Gewessler und Alma Zadić im Einsatz, genauso wie Beate Meinl-Reisinger bei den Neos.
Und die ÖVP? Die hatte zwar im Frühjahr mit dem Namen Niederösterreich-Partei und den Parteifarben Blau-Gelb statt Türkis oder Schwarz ihre Distanz zur Bundespartei dokumentiert, setzt nun aber dennoch auch auf den Kanzler. Karl Nehammer wird beim Wahlkampfauftakt am 9. Jänner auf die Bühne geholt werden.
Die Parteien
Landesweit treten ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und Neos an. Die MFG wird nur in den Wahlkreisen Baden, Krems, Mödling, St. Pölten und Tulln auf dem Wahlzettel stehen, die KPÖ nur in Amstetten, Bruck, St. Pölten und Wiener Neustadt. Die Liste „Dein Ziel“, eine MFG-Abspaltung, kandidiert nur in Amstetten
Wahlberechtigte
Insgesamt sind 1.288.838 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher wahlberechtigt, um 97.518 weniger als im Jahr 2018 (minus 7,5 Prozent). Das ist das Ergebnis einer Entscheidung des Landtags, dass ab sofort nur noch Hauptwohnsitzer bei Landtags- und Gemeinderatswahlen ihre Stimme abgeben können. Am meisten betroffen sind davon die Bezirke, die an Wien grenzen, vor allem Gänserndorf, Mistelbach, Mödling, St. Pölten-Land oder Tulln. Dort muss im Vergleich zu 2018 auf 6.000 bis 7.000 Wählerinnen und Wähler verzichtet werden
Dass die ÖVP bei der Wahl ihre absolute Mehrheit verlieren wird, scheint ziemlich sicher. Aktuelle Umfragen sehen sie bei rund 40 Prozent. Da wurde meist auch die impfkritische MFG mitabgefragt. Diese hat aber keine landesweite Kandidatur geschafft. Wovon die ÖVP ein wenig, die FPÖ sehr viel profitieren wird. Sie könnte diesmal sogar die 20-Prozent-Marke überspringen, was das beste Ergebnis in der Geschichte wäre.
Die Ziele der Parteien bei der NÖ-Wahl
Ziel der ÖVP ist es, die Mehrheit in der Landesregierung zu behalten. Dazu ist ein Ergebnis über 40 Prozent notwendig. Wenn – wie bei vergangenen Wahlen – ein Endspurt gelingt, wird das auch möglich sein. Immerhin haben die Niederösterreicher den Ruf, die bestorganisierte Landespartei zu sein. Schafft man es nicht, dann kommen auch auf Kanzler Nehammer innerparteiliche Probleme zu.
Ähnlich ist die Situation bei der SPÖ. Kann diese trotz der ÖVP-Verluste nicht zulegen, dann wird das von Franz Schnabl angekündigte Beben wohl nicht im Kanzleramt, sondern in der Wiener Löwelstraße stattfinden.
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