S8: Eine Region kämpft um Termin bei Ministerin Gewessler
Wieder heftige Kritik, weil die Schnellstraßen-Projekte S1 und S8 nicht umgesetzt werden. Marchfeld-Bürgermeister wollen den Protest direkt mit der Verkehrsministerin besprechen
Wenn es ein Thema gibt, bei dem Niederösterreich und Wien zu 100 Prozent auf einer Linie sind, dann ist es der Widerstand gegen die Straßenbaupolitik von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne).
Wien kämpft um die Fertigstellung der Schnellstraße S1, den Lückenschluss für einen Ring um die Bundeshauptstadt. Niederösterreich will die Umsetzung der Marchfeld-Schnellstraße S8, um die Gemeinden der Region vom täglichen Verkehrsstau zu entlasten. Beide Projekte sind vom Verkehrsministerium auf Eis gelegt worden.
Zuletzt hatte Wien mit gleich mehreren Gutachten Druck gemacht. Der Baustopp für die S1 wurde dennoch nicht aufgehoben. Diese Woche war wieder einmal der nö. Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko gemeinsam mit Gänserndorfs Bürgermeister René Lobner (beide ÖVP) an der Reihe, um Ministerin Gewessler zum Handeln zu bewegen. Die Erfolgschancen dafür liegen aber ebenfalls bei null.
15.000 Unterschriften
Dabei wurden schon rund 15.000 Unterschriften für den Bau der S8 gesammelt. Und René Lobner hat mit dem Verein für die S8, dem auch die SPÖ und die FPÖ angehören, schon mehrmals versucht, einen Termin bei Leonore Gewessler zu bekommen. Vergeblich, trotz mehrerer Briefe.
Lobner: „Wir würden uns mit der Ministerin im Marchfeld zusammensetzen, wir würden auch nach Wien kommen. Aber wir werden ignoriert. Die Art und Weise, wie wir behandelt werden, habe ich zuvor noch nie erlebt.“
An die 30.000 Fahrzeuge würden sich täglich durch Deutsch Wagram stauen, darunter sehr viele Lkw. Wirtschaftsforscher hätten außerdem errechnet, dass dem Marchfeld durch die fehlende überregionale Straße an die 7.000 Arbeitsplätze verloren gehen würden.
Wegen des geschützten Vogels Triel war die Straßenführung vom Bundesverwaltungsgericht an das Ministerium zurückverwiesen worden. Dort ruhe aber das Projekt, so Anwalt Michael Hecht, der das Land vertritt. Seit 15 Monaten gehe dort nichts weiter.
Bundesstraßengesetz
Er nennt den Fall überhaupt „besonders abenteuerlich“, weil hier die Umsetzung des Bundesstraßengesetzes von einem Ministerium verweigert würde. Dort sind sowohl die S1 als auch die S8 seit dem Jahr 2006 verankert. Hecht: „Es gibt schon auch einen Rechtsstaat.“
Im Verkehrsministerium will man das allerdings so nicht stehen lassen. „Gegen die entsprechende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wurden unter anderen vom Land Niederösterreich Rechtsmittel erhoben. Eine rechtskräftige Entscheidung steht also noch aus. Uns war es immer wichtig, dass die Menschen vor Ort rasch entlastet werden. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit der Asfinag bereits mit der Prüfung von besseren Alternativen begonnen. Damit kommen wir auch dem Auftrag des Bundesverwaltungsgerichts frühzeitig nach“, heißt es aus dem Ministerium.
Außerdem sei man gemeinsam mit der Straßenbaugesellschaft Asfinag laufend im Austausch mit den betroffenen Gemeinden.
Landesrat Ludwig Schleritzko verlangt mehr: „Die Region hat es sich verdient, an das überregionale Straßennetz angeschlossen zu werden.“ Ministerin Leonore Gewessler betreibe „Realitätsverweigerung“, wenn sie die Situation im Marchfeld ignoriere.
Im schlimmsten Fall müsse man aber bis zur nächsten Legislaturperiode im Bund warten, um dann das Projekt zu verwirklichen. Falls Gewessler dann nicht erneut Verkehrsministerin wird.
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