War Raffinerie-Unfall ein Sabotage-Akt?
Bestätigen will es offiziell noch niemand, doch die Hinweise verdichten sich nach KURIER-Recherchen, dass der Unfall in der OMV-Raffinerie in Schwechat im Juni diesen Jahres ein Sabotage-Akt war.
Laut Berichten von Insidern wurden bei dem Vorfall Teile der Hauptdestillationsanlage der Raffinerie schwer beschädigt. Da der Schaden im unteren Bereich der Destillationskolonne aufgetreten ist, war die Schadensstelle schwer zugänglich. Nach KURIER-Informationen zweifeln auch OMV-Manager, dass es sich um einen einfachen Unfall gehandelt hat.
Konzern dementiert
OMV-Konzernsprecher Andreas Rinofner stellt das in Abrede: „Dass der Vorfall in Schwechat auf eine Sabotage zurückgeht, dazu kenne ich nicht einmal das Gerücht“, sagte er zum KURIER, dazu gebe es „nicht den geringsten Anhaltspunkt.“
Polizei war vor Ort
Dieses Fehlen von „Anhaltspunkten“ könnte sich auch dadurch erklären lassen, dass die OMV gegenüber den Ermittlern ebenfalls stets an der Unfallversion festgehalten haben soll. Laut einer verlässlichen Quelle aus dem Sicherheitsbereich waren die Ermittler lediglich zwei Mal in der Raffinerie in Schwechat vor Ort. Das Drängen auf weitere Ermittlungen wurde offenbar unter der Kategorie „nicht notwendig“ von der OMV abgetan. Dabei wäre es aus ermittlungstaktischer Sicht „mehr als notwendig gewesen“, denn von Anfang sei vonseiten der Polizei der Verdacht einer Sabotage oder Cyberattacke geäußert worden.
Gasspeicher im Fokus
Besondere Brisanz erhält das passive Verhalten des Konzerns seit Mittwoch. Die OMV, die mit ihrer Produktion und den Lagern zur kritischen Infrastruktur zählt, hat offenbar erneut Kontakt mit dem Innenministerium aufgenommen. In den Gesprächen soll es um die Sicherheit der Gasspeicher des Unternehmens vor möglichen Angriffen aus Russland gegangen sein. Seitens der OMV heißt es dazu: "Der Schutz unserer Anlagen ist durch entsprechende Konzepte, Pläne und das dafür notwendige Personal gewährleistet, was auch regelmäßig geübt wird. Details dazu können wir aus Sicherheitsgründen nicht nennen", sagt Sprecher Rinofner. Und ergänzt: "Die Schutzkonzepte und -pläne enthalten natürlich die Einbeziehung von Exekutive und Behörden."
Sollte der Unfall im Juni wirklich ein Sabotage-Akt gewesen sein, dann ist für Sicherheitsexperten klar, dass dieser wohl die Handschrift Russlands trägt und Teil einer „hybriden Kriegsführung“ sein könnte (siehe Kasten unten). Und der Saboteur könnte sich noch immer in den Reihen der Mitarbeiter der OMV befinden.
Mehrere Angriffe auf Raffinerien
Doch auch Hacker-Angriffe könne man nicht mit letzter Sicherheit ausschließen.
Denn der Unfall in der Raffinerie Schwechat war bei Weitem nicht der einzige Zwischenfall in einer europäischen Raffinerie. Anfang Februar gab es mehrere gezielte Hacker-Angriffe auf Raffinerien in Deutschland, Belgien und den Niederlanden.
Im Juni 2022 wurde ein Brand in einer britischen Raffinerie gemeldet, die Produktion konnte aufrecht erhalten werden. Im Juli 2022 ist es in einer Raffinerie im tschechischen Litvinov zu einer Explosion gekommen, die einen Brand auslöste. Die Produktion musste zurückgefahren werden.
Produktionsausfall mit ernsten Konsequenzen
Für Österreich hat der Produktionsausfall in Schwechat längst ernste Konsequenzen: Nach Gesprächen mit der OMV gab Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bereits Erdölprodukte wie Diesel aus den strategischen Reserven frei: Bislang hat die österreichische Bundesregierung 212.000 Tonnen Diesel, 56.000 Tonnen Benzin und 45.000 Tonnen Halbfertigprodukte bereitgestellt. Denn Österreichs Volkswirtschaft kommt ohne Öl und Erdgas rasch zum Erliegen. Damit kurzfristige Versorgungsengpässe überbrückt werden können, haben sich EU-Staaten verpflichtet, bei Erdöl und Mineralölprodukten eine strategische Reserve anzulegen, die für mindestens drei Monate reichen muss. Nach der letzten Freigabe reicht Österreichs strategische Reserve noch für 65 Tage aus.
Kommentare