Grüne Probleme ohne Ende

Bundessprecherin Felipe (r.) und Spitzenkandidatin Lunacek
Kommt das Parlaments-Aus, sind die Grünen in Finanznot – das trifft dann vor allem die Länder. Dort rumort es wegen der anstehenden Landtagswahlen.

Die Frage, wer schuld ist am grünen Debakel, das ist eine Frage der Perspektive. In der Parteizentrale will am Montag niemand gern über das Minus von 9,6 Prozent, die 400.000 Stimmen weniger reden; darüber, dass man in grünen Hochburgen wie Wien-Neubau, Wien-Josefstadt, Graz oder Innsbruck Verluste von teils mehr als 20 Prozentpunkten eingefahren hat. Man übt sich in Geduld, wartet auf das Endergebnis am Donnerstag.

70 Jobs in der Schwebe

In den Ländern klingt das anders. Schließlich muss man dort die finanziellen Folgen des Debakels abfedern, was die Landtagswahlen 2018 beeinflussen wird: In Tirol, Kärnten, Niederösterreich und Salzburg muss man bei den anstehenden Landtagswahlen nicht nur Stimmenverluste fürchten (siehe Grafik), sondern auch die Ausfälle von 8,9 Millionen an Bundes-Fördermitteln kompensieren – das erschwert die Wahlkämpfe. Dazu kommen Millionenschulden aus dem Wahlkampf, denn: Refundiert werden laut Stand Montag nur 490.000 Euro. 70 Jobs sind deshalb in Bundespartei und Klub in der Schwebe.


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Dass es in den Ländern rumort, wundert wenig. "Die Länder können für die Situation nichts", sagt der steirische Landessprecher Lambert Schönleitner zum KURIER. "Wir brauchen einen kompletten Neustart." Man müsse "Strukturen überdenken", die Basisdemokratie weiterentwickeln.

In Salzburg, wo im April 2018 gewählt wird, fürchtet man kein ähnliches Schicksal wie die Bundes-Grünen, sagt Landesrat Heinrich Schellhorn: "Das ist eine ganz andere Welt. In den Ländern müssen wir jetzt noch stärkeren Zusammenhalt zeigen." Das bedeute nicht nur, die Grüne Flagge hochzuhalten, sondern als "Solidargemeinschaft" den lädierten Bundes-Grünen auch finanziell auszuhelfen. "Wir alle haben ein Interesse daran, dass die Strukturen aufrecht erhalten werden." Aber auch Schellhorn fordert, die Bundespartei müsse sich neu aufstellen. "Da müssen schon einige Fehler passiert sein, um so ein Ergebnis zustande zu bringen."

Rücktritt gefordert

In Wien, wo die Grünen mit der SPÖ koalieren, ist man deutlicher. Noch-Neubau-Chef Thomas Blimlinger, in dessen Bezirk die Ökopartei ein historisches Minus von 21 Prozent einfuhr, führt das auf langjährige Fehler der Bundespartei zurück – als Konsequenz fordert er den Rücktritt des Bundesvorstands. Alexander Hirschenhauser, Klubobmann der City-Grünen, sieht ein Fehlverhalten auch in der Wiener Führung: "Die Strategien der jüngsten Jahre haben nur zu diesem Ergebnis führen können." es brauche es eine komplette Neuausrichtung. "Mit der aktuellen Führung gehe ich jedenfalls in keine Wien-Wahl mehr."

Erste personelle Entscheidungen könnten bald fallen. Am Dienstag berät der Bundesvorstand der Grünen, am Freitag – nach Bekanntgabe des Endergebnisses – der erweiterte Bundesvorstand. Wie es für Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek weitergeht, ist fraglich. Ihr EU-Mandat hat sie dem Listennächsten versprochen, wenngleich der Formalakt noch aussteht. Für eine Pension aus Brüssel ist die 60-Jährige noch zu jung: Die bekommt man erst mit 63.

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