Die Grünen und das Wunderwuzzi-Problem

Die Zukunft der Grünen? Völlig offen
Wie schafft die Ökopartei die Wiederauferstehung? Nur mit einem charismatischen Kopf, sagen Experten. Den gibt es aber noch nicht – auch, weil schon länger Interessenten fehlen.

"Da war nicht lange zu zögern, da muss halt jemand hingreifen."

Werner Kogler ist die neue grüne Krisenfeuerwehr. Dass er ein guter Übergangskandidat für die gebeutelten Grünen ist, da sind sich der Salzburger Politologe Reinhard Heinisch und Politikberater Thomas Hofer einig. Allein: Ob er der Mann ist, der die Grünen dorthin bringt, wo sie einst waren, daran zweifeln beide.

Damit stellt sich die Frage: Wer soll nach Kogler hingreifen?

„Ich sehe da niemanden“, sagt Heinisch, und auch Hofer sagt: „Ich kenne zwar nicht alle Grünen bis in die fünfte Unterabteilung, aber ein grüner Wunderwuzzi fehlt.“ Vermutlich, so Hofer, würden ihn nicht mal die Grünen selbst kennen – und genau das sei eines der Grundprobleme der gebeutelten Partei: Dass Ulrike Lunacek und Ingrid Felipe, die gescheiterte Spitzenkandidatin und die wieder nach Tirol zurückgekehrte Ex-Parteichefin, den Laden einst von Eva Glawischnig übernommen haben, war schon das erste Indiz dafür, dass es ein Nachwuchsproblem gebe.

Ein grüner Christian Lindner

Jetzt, nach dem Desaster, brauche es den „charismatischen Kopf“ an der Spitze darum umso stärker, wie Heinisch sagt. Jemanden, der „rhetorisch brillant ist und es schafft, abstrakte Inhalte einfach herunterzubrechen“, sagt er. Auch Hofer vergleicht die Lage der Grünen mit jener der deutschen FDP, die vor vier Jahren hochkant aus dem deutschen Bundestag geflogen war – einen „grünen Christian Lindner“, der die Partei wieder aufrichtet, ihr ein neues Image gibt und zurück in zweistellige Höhen führt, sehe er aber freilich nicht.

Das Image ist dabei der wohl wichtigste Punkt. Wichtig wäre jemand, der das Spiel von „Dramatisierung und Inszenierung in der Politik“ beherrsche, sagt Heinisch. Lunacek und Felipe hätten genau das im Wahlkampf nicht geschafft: Sie seien der „naiven Vorstellung“ aufgesessen, man könne mit ehrlichen Inhalten eine Wahl gewinnen; doch „nur Feelgood reicht nicht“. Das habe schlussendlich dazu geführt, dass viele Menschen sagten: „Bei den Grünen, da werfe ich meine Stimme weg.“

"Julian Schmid ist es nicht"

Wie der Wunderwuzzi-Kandidat aussehen könnte? Die Grünen bräuchten darum etwa jemanden im Stile Alexander Van der Bellens - oder einen Anti-Pilz, sagt Heinisch, schließlich wisse man ja, welche Kandidaten in Österreich ankämen. Auch ein „Kämpfertyp wie Matthias Strolz“, der bereits eine eigene Marke sei, wäre denkbar; jedenfalls müsste die Partei mit dem neuen Kopf auch schärfer, unverwechselbarer werden. Julian Schmid – jener Grünen-Mandatar, der statt Pilz auf den vierten Listenplatz gewählt wurde – „sei es wohl eher nicht“, sagt Hofer.

Problematisch ist für Heinisch auch die Art der Suche nach einem Kandidaten. Das basisdemokratische Listenprinzip führe dazu, dass man sich immer nur auf Konsenskandidaten einige; und das sei das genaue Gegenteil dessen, was es jetzt brauche. Auch eine geteilte Spitze, wie man sie nach Glawischnigs Rücktritt hatte, sei „völliger Unsinn“, ebenso wie die Vorstellung, die Bundespartei von einem Bundesland aus zu führen, nicht funktioniere. Es müsse eine Person in der Hauptstadt sein, die in allen Medien präsent ist.

Rattenschwanz an Problemen

Neben der Finanzierungsproblematik – fünf Millionen Euro an Schulden sind zurückzuzahlen - sind darum die anstehenden Landtagswahlen die wichtigste Bewährungsprobe für die Partei. Reüssieren die Landeschefs da nicht, macht ihnen etwa Peter Pilz Konkurrenz. Wie in Salzburg bereits gemunkelt wird, wie Heinisch sagt, stünde die Partei vor dem Überlebenskampf. Erst danach werde sich, so die Prognose, jemand in Stellung bringen können und wollen, der sich als neuer Bundessprecher andient. Namen hört man darum, wenn man bei den Grünen fragt, derzeit keine.

Vorbei sei die Zeit der Grünen damit aber noch lange nicht, sagt Heinisch. Wenn tatsächlich Schwarz-Blau kommt, könnte das eine gute Reibungsfläche für eine grüne, außerparlamentarische Opposition sein: Gerade unter jenen Wählern, die gegen Ausländerfeindlichkeit und Islamophobie seien, gebe es noch viel zu holen. Ebenso wie bei der ÖVP: „Kurz ist ja auch eine Projektionsfläche, da werden wieder Wähler zu gewinnen sein“, so Heinisch.

Kommentare