Ein Chat aus dem Jahr 2017 betraf eine Postenbesetzung bei der Polizei in Wien. Es ging um den Vize von Landespolizeidirektor Gerhard Pürstl. Sobotka – damals Innenminister – soll aus parteipolitischen Gründen gegen die Bewerberin Andrea Jelinek interveniert haben. Diesen Posten erhielt dann Franz Eigner, der als ÖVP-nahe beschrieben wurde. Der war allerdings tatsächlich Erstgereihter gewesen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA wurde jedenfalls gegen Sobotka aktiv, nachdem sie dazu eine Sachverhaltsdarstellung von Peter Pilz erhalten hatte.
Rund 20 Monate lang wurde er als Beschuldigter geführt, ehe nun die Einstellung kam. Der Nationalratspräsident hatte schon 2022 erklärt, dass „ich mir keiner Schuld bewusst bin“. Jetzt, wo das Verfahren vom Tisch ist, sagte er nochmals dazu: Er habe sich immer auf die Bestellungskommission verlassen und „ich habe nie eine Entscheidung korrigiert“. Gleichzeitig fühlt er sich bestätigt, dass er damals nicht zurückgetreten war. Aufforderungen hatte es einige gegeben.
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Im Hinblick auf die Rücktritte von Sebastian Kurz und Gernot Blümel sagt Sobotka nun: „Wäre ich nicht standhaft gewesen, wäre ich der nächste weggewesen.“ Wobei ihn bei den Angriffen gegen ihn die Aussagen vom grünen Koalitionspartner am meisten geärgert hatten. Die Abgeordnete Nina Tomaselli hatte damals erklärt, dass die „Ermittlungsbehörden nie ohne Grund ermitteln“.
„Es steht 6:0 für mich“
In seiner politischen Laufbahn ist Wolfgang Sobotka schon rund zwanzigmal angezeigt worden, ohne jemals schuldig gesprochen worden zu sein. Nur in der Zeit als Nationalratspräsident sind es bereits sieben Anzeigen. Wobei er sechs Fälle abhaken kann. Sobotka: „Dieses Match ist 6:0 für mich ausgegangen.“
Offen sind noch die Ermittlungen wegen einer Aussage von Thomas Schmid, dem Ex-Generalsekretär des Finanzministeriums, dass er wegen der Erwin-Pröll-Stiftung interveniert hätte. Sobotka bestreitet das und will es auch gegenüber der Justiz darlegen. Dafür wurde Ende des Vorjahres seine Immunität aufgehoben. „Ich hoffe, dass das schnell gehen wird. Das Ganze ist ja schon ein Jahr lang gelegen, da muss es ja jetzt schnell gehen.“ Wobei überzeugt ist, dass nichts übrig bleiben wird.
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Warum Sobotka ein Umdenken fordert
Die jüngste Verfahrenseinstellung nutzte der Nationalratspräsident auch, um ein grundsätzliches Umdenken zu fordern. Sobotka: „Momentan wird nach dem Satz agiert, dass man das Gericht braucht, wenn der politische Angriff nicht mehr reicht. Ich halte das für eine absolute Fehlentwicklung in der Politik.“ Es werde so immer schwieriger, Kandidaten für politische Ämter zu finden.
Das alles sei keine Kritik an der WKStA, so Sobotka, sondern eine Kritik daran, „dass Verfahren nicht mehr vertraulich geführt werden“. Deswegen hofft er, dass im letzten Jahr der türkis-grünen Koalition bezüglich der Beschuldigtenrechte noch entscheidende Schritt gesetzt werden. „Da geht es aber nicht nur um den Fall Sobotka“, sagt der Nationalratspräsident.
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