Vor Alfano-Besuch bei Kurz: Beziehungen zu Italien angespannt

Vor einem Jahr gab man sich am Brenner noch versöhnlich: Sobotka, Platter, Alfano und Kompatscher
Italiens Außenminister Alfano war in Südtirol um Deeskalation bemüht und sagte: "Der Wahlkampf wird irgendwann enden." Am Donnerstag trifft er Sebastian Kurz in Wien.

Der Termin ist schon vor Monaten fixiert worden. Um die Stärkung des italienischen Exporthandels hätte es bei dem Besuch von Italiens Außenminister Angelino Alfano am Mittwoch in Bozen gehen sollen. Doch bereits im Vorfeld stellte Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher klar, dass man "natürlich auch über die aktuelle Thematik der Flüchtlinge sprechen" werde.

Rund zwei Wochen nach der Ankündigung von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), Panzer nach Tirol zu verlegen und 750 Soldaten für einen Assistenzeinsatz am Brenner bereit zu stellen, bleiben die Beziehungen zu Italien angespannt.

Kaum ein Tag vergeht, an dem aus Österreich nicht – von Außenminister Kurz über Innenminister Sobotka bis zu Tirols Landeschef Platter – damit gedroht wird, bei Bedarf Kontrollen am Brenner zu starten. Auch wenn gleichzeitig stets betont wird, dass die Lage derzeit ruhig ist.

Eine Frage der Zeit

Alfano hat Österreichs Wortmeldungen gestern in Bozen erneut als Wahlkampfrhetorik abgetan. "Früher oder später wird auch der österreichische Wahlkampf enden und dadurch wird sich auch die Tonart wieder beruhigen", sagte der Minister, der offenbar um Deeskalation bemüht war. In Italien zeigt man sich aber von den Wortmeldungen aus Österreich zunehmend genervt. Der italienische Vize-Außenminister Mario Giro hat die Regierung in Wien zu moderateren Tönen aufgefordert. "Man kann nicht die Beziehungen zwischen Staaten wegen Wahlkampfdebatten aufs Spiel setzen", wurde Giro von Medien zitiert. Die Diskussion rund um die Brenner-Grenze sei "surreal", da es keinen "Anstieg der Migrantenzahl am Brenner gibt."

Vor Alfano-Besuch bei Kurz: Beziehungen zu Italien angespannt
Am 19.7.2017 kam Italiens Außenminister Angelino Alfano zu einem Treffen mit Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher nach Bozen in Südtirol.
Im Mai 2016 war man noch um Gemeinsamkeiten bemüht. Alfano, damals noch Innenminister, versprach bei einem Treffen mit Sobotka, Platter und Kompatscher am Brenner, die Kontrolltätigkeit auf der Fluchtroute nach Norden zu verstärken.

Italien hat Wort gehalten. Derzeit werden täglich nur 15 bis 25 Migranten am Brenner aufgegriffen. Und das obwohl heuer bereits 93.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Italien gekommen sind – neuer Rekord. Inzwischen dementierte Gerüchte, wonach die italienische Regierung 200.000 Migranten mit Visa ausstatten könnte, haben indes gezeigt, dass auch Rom Drohkulissen aufzubauen versteht.

Alfano heute in Wien

Raum für diplomatische Gespräche gibt es am Donnerstag in Wien. Alfano wird dort in der Hofburg Italiens Schwerpunkte für den OSZE-Vorsitz 2018 vorstellen. Danach ist ein bilaterales Treffen mit Kurz im Außenministerium geplant. Dabei soll es auch um die Themen Migration und Mittelmeer-Route gehen, hieß es.

Noch dürfte Italien seine Zusage, keine Flüchtlinge durchzuwinken, einhalten. Der Zustrom über das Mittelmeer macht sich in der österreichischen Asylstatistik kaum bemerkbar.

Insgesamt ist die Zahl der Asylanträge im ersten Halbjahr 2017 gegenüber dem Vorjahr um mehr als die Hälfte gesunken. Von Jänner bis Juni 2016 wurden 25.691 Anträge gezählt, heuer waren es bisher nur 12.490.

Syrer stellen mit Abstand die größte Flüchtlingsgruppe in Österreich. Auf sie entfielen 4080 Anträge. Stark nachgelassen hat die Zahl der afghanischen Flüchtlinge, die im Vorjahr noch die Top-Nation bei den Anträgen waren. Im selben Zeitraum 2016 gaben 8007 Afghanen Asylanträge ab, heuer waren es 1971 – also weniger als ein Viertel. Bei Flüchtlingen, die über die Mittelmeerroute in Italien landen, handelt es sich in der Regel um Menschen aus afrikanischen Ländern. Nigeria ist die drittstärkste Nation, aber auch dort ging die Zahl der Asylanträge von 926 auf 790 zurück. Von Bürgern Eritreas, an sich auch eine starke Flüchtlingsgruppe, gab es nur 35 Anträge, von Asylsuchenden aus dem Sudan 14, von der Elfenbeinküste 13.

Positiv beschieden wurden heuer 10.930 Anträge, 7049 negativ. Besonders gute Chancen auf Asyl haben Syrer, ihnen wurde heuer zu fast 91 Prozent Asyl gewährt. Bei den Afghanen liegt die Quote bei 38 Prozent. Etwa ein Drittel fällt unter "sonstige Entscheidungen" – dazu zählt unter anderem, wenn die Person wieder ausreist.

Die schlechtesten Chancen haben Nigerianer. Nur 1,1 Prozent – das sind zehn Personen – haben im ersten Halbjahr Asyl bekommen.

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