Auf den endlosen Gängen des Wiener Landesgerichts hört man, dass Hohenecker im Hoch- bis Spätsommer ihr juristisches Mammutwerk beendet haben soll.
Allerdings: Je länger Richterin Hohenecker für das Verfassen des schriftlichen Urteils benötigt, umso mehr Zeit bekommen die Verteidiger, die Nichtigkeitsbeschwerden auszuarbeiten.
Früher sah das Gesetz vor, dass Anwälte eine Rechtsmittelfrist von vier Wochen für die Nichtigkeitsbeschwerde hatten. Allerdings hob der Verfassungsgerichtshof diese Regelung auf – da vor allem die Wirtschaftscausen immer komplexer wurden.
Christian Liebhauser-Karl (er zählt in Klagenfurt zu den meistgefürchteten Richtern und verhandelte etwa den Uwe-Scheuch-Prozess oder einige Anklagen in der Hypo-Affäre) empfiehlt in der Richterzeitung, dass aus „Gründen der Fairness die für die Ausfertigung des Urteils benötigte Zeit als Richtschnur für beantragte Rechtsmittelfristverlängerungen heranzuziehen“ ist.
Das bedeutet im Klartext: Wenn die Richterin sieben oder acht Monate benötigt, dann steht im Normalfall den Anwälten ein ähnlich langer Zeitraum zur Verfügung. Erst Anfang 2022 – also mehr als ein Jahr nach dem Urteilsspruch – könnten die Nichtigkeitsbeschwerden beim Obersten Gerichtshof eingebracht werden.
Aber auch das wäre, so absurd das vielleicht klingen mag, der Idealfall. Denn unmittelbar nach der Urteilsverkündung hat Grasser-Anwalt Norbert Wess angekündigt, dass er eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einbringen wird. Dieser soll sich mit dem Verdacht der Befangenheit Hoheneckers befassen. Die Verteidigung hält die Richterin für befangen, weil ihr Ehemann im Vorfeld des Prozesses vorverurteilende Beiträge über Grasser im Internet veröffentlicht hat – und vom OGH dafür auch eine saftige Disziplinarstrafe erhielt. „Das Verfahren beim Verfassungsgerichtshof hat Vorrang. Das bedeutet, das andere Verfahren wird unterbrochen“, so Anwalt Wess.
Solange also der VfGH nicht über die Befangenheit entschieden hat, pausiert der Fristenlauf für die Nichtigkeitsbeschwerde. Das würde bedeuten: Vor Anfang 2024 gibt es kein rechtskräftiges Urteil. Fast 15 Jahre nach dem Start der Ermittlungen.
Sollte der OGH dann noch Teile des Urteils aufheben, wird Grasser ohnehin eine „never ending story“ ...
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