Von Asyl bis Klima: Was sich Österreich von Dänemark abschauen will
Die Unterschiede sind bemerkenswert, könnten teils größer nicht sein.
Nicht, weil es in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen Anfang April fünf Grad Celsius hat während in Wien die Schanigartensaison eröffnet wird, wie Magnus Brunner zu Beginn seiner Stippvisite in Dänemark feststellt. Sondern weil das knapp sechs Millionen Einwohnerland seit Jahren als Vorbild dient – in Fragen der Asyl-, Arbeits-, Pensions- und nicht zuletzt Klimapolitik.
Karl Nehammer war bereits hier – erst als Innenminister, dann als Kanzler. Und auch ÖVP-Regierungsmitglieder wie Martin Kocher (Arbeit) und Susanne Raab (Integration) zog es in den vergangenen Monaten in das von Sozialdemokraten regierte Dänemark, um sich Ezzes zu holen.
ÖVP-Finanzminister Brunner will den dreitägigen Aufenthalt im Königreich nutzen, um punkto Finanzpolitik „von den Besten zu lernen“, wie er sagt. Beginnend bei der Klimapolitik des Landes, das es sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2030 die CO2-Emissionen um 70 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Zum Vergleich: Um das 1,5 Grad Celsius-Ziel (Maßnahmen den Temperaturanstieg zu begrenzen) zu erreichen, haben sich die EU-Staaten darauf verständigt, die Emissionen bis 2030, „nur“ um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 senken zu wollen.
Größtes CO2-Import- und Export-Terminal Europas
Um das hehre Vorhaben zu realisieren, setzt Dänemark auf Carbon Capture and Storage (CCS) – ein Verfahren, bei dem CO2 nicht in die Atmosphäre entweicht (emittiert), sondern gesammelt, via Pipelines oder per Schiff an Speicherstätten transportiert und über 2 km tief in die Erde verpresst wird, wo es in Hohlräumen lagert respektive sich mit dem Gestein verbindet. In Österreich ist CCS seit 2011 gesetzlich verboten.
Im Hafen von Hirtshals im Norden Dänemarks hingegen wird am größten CO2-Import- und Export-Terminal Europas gebaut. 2025 und 2026 sollen hier 0,5 Tonnen CO2 gespeichert werden, bis 2029 sollen es schon 9 Millionen Tonnen sein und ab 2031 gar 15. Zum Vergleich: Die EU stößt jährlich rund 2,5 Milliarden Tonnen Treibhausgase aus, Österreich knapp weniger als 80 Millionen Tonnen. Manche Industriezweige wie die Zement- oder Feuerfest-Industrie seien auf Methoden wie CCS angewiesen, um die CO2-Ziele zu erreichen, so Brunner. Auch deshalb plädiert er für Technologieoffenheit und dafür, dass „Klima- und Budgetpolitik Hand in Hand gehen“, wie das beim Green Budgeting-Ansatz der Fall sei. Gemeinsam mit seinem dänischen Amtskollegen Nicolaj Wammen hat er 2023 die „Green Budgeting Alliance“ ins Leben gerufen, um die öffentlich verwendeten Mittel hinsichtlich Nachhaltigkeit und Effizienz transparent und damit überprüfbar zu machen. Apropos Überprüfbarkeit: Was den Anforderungen und Zielen des Staates nicht entspricht, das wird in Dänemark trotz ähnlich stark ausgeprägter föderaler Strukturen wie in Österreich schnell adaptiert oder revidiert.
Eine Einstellung, die sich Österreich zunutze machen sollte, wie Brunner mehrfach während der Reise festhält. „Wir können uns von der dänischen Flexibilität etwas abschauen.“
Strenge Regeln
Dänemark dient nicht nur als Vorbild, wenn es Klimapolitik. Generell sind die Regeln streng bis rigide, wer sich aber an selbige hält, der profitiert.
Migranten erhalten beispielsweise erst die volle Sozialleistung, wenn sie zumindest 9 der vergangenen 10 Jahre im Land waren und 2,5 Jahre gearbeitet haben. Wer Arbeit sucht, der muss diese auch annehmen, wenn sie 1,5 Stunden vom Wohnort entfernt ist. Früher als andere Länder hat Dänemark auch erkannt, dass die Bevölkerung immer älter wird und die Altersvorsorge daher reformiert werden muss. Was in Österreich seit Jahrzehnten von einer Regierung gleich einer „heißen Kartoffel“ der nächsten als Aufgabe überantwortet wird, ist in Dänemark längst passiert.
Im Gegensatz zu Österreich basiert das dänische Pensionssystem („Folkepension“) auf einer kapitalgedeckten Vorsorge. Das heißt, es wird in Aktien, Anleihen und Co. investiert und davon profitiert – während Österreichs Pensionssystem auf einem Umlageverfahren basiert. Arbeitende finanzieren durch ihre Beiträge die Pensionen und selbiges sorgt durch demografische Entwicklung à la longue für exorbitante Finanzierungslücken. In Zahlen ausgedrückt: 19,8 Milliarden Euro oder 4,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung fehlen bereits jetzt und müssen zugeschossen werden. Tendenz steigend. Während in Österreich das Vermögen der Pensionskassen bei 6,7 Prozent des BIP liegt, beträgt es in Dänemark 233,2 Prozent.
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