Virologe Steininger: "Wir sind nicht gut vorbereitet auf die nächste Pandemie"
Vorab die gute Nachricht: Ja, die Pandemie ist vorbei. "Und zwar deshalb, weil wir eine gewisse Immunität entwickelt haben – entweder durch die Impfung oder eine natürliche Immunität", sagt Christoph Steininger, Chef der Forschungsgruppe Virusinfektionen an der MedUni Wien. Covid-19 sei eine "endemische Erkrankung", die ihren tödlichen Schrecken verloren habe.
Im Club 3 warnt der Virologe aber davor, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. Denn: "Wir sind weiterhin nicht gut vorbereitet auf die nächste Pandemie."
Video: Virologe Steininger zu Gast im CLUB 3
Woran macht er das fest? Laut Steininger müssten Österreich und Europa längst an einem kleinen, aber permanent funktionierenden Überwachungsnetzwerk für potenziell gefährliche Erkrankungen arbeiten. Schon vor dem Ausbruch der Pandemie, im Herbst 2019, habe er, Steininger, europäische Behörden darauf hingewiesen, dass es ein internationales Überwachungsnetz brauche. Die Reaktion sei eher verhalten gewesen.
Für Steininger ist die Bekämpfung von Pandemien kein Nebenjob. "Alle Menschen, die sich mit Einsatz gegen die Pandemie gestemmt haben, hatten andere Berufe." So seien Katastrophenschutz-Gremien auch für Naturkatastrophen oder die Ukraine-Krise zuständig. "Das bedeutet, dass es plötzlich ein Übermaß an Aufgaben gibt, die von denselben Menschen gleichzeitig erledigt werden müssen."
Video: Aussagen von Virologen Steininger
Auf die Frage, was das viele Testen in Österreich gebracht hat, antwortet der Mit-Erfinder von "Alles gurgelt" so: "Man hat dieses wichtige Instrument nicht ausreichend genutzt – und man hätte schneller sein müssen." So hätten die Behörden überlegen können, ob man mit einer klugen Teststrategie nicht viel früher breite Teile des täglichen Lebens hätte öffnen können.
Um derlei im Detail zu beantworten, würden bis heute die Daten fehlen. Steininger spricht ein Problem an, das zahlreiche Wissenschafter seit Langem kritisieren, nämlich: dass vorhandene Daten nicht clever genutzt werden.
Auch bei "Alles gurgelt" habe es datenschutzrechtliche Hürden gegeben. "Das Problem für die Forscher war, dass sie die Daten nach 14 Tagen restlos löschen mussten. Und: dass es zusätzlich strenge Auflagen gab, was mit den Daten innerhalb der 14 Tage geschehen darf."
Als eine der wichtigsten Lehren der Pandemie betrachtet der Arzt, dass Schutzmaßnahmen auf "großer" – also nationaler – Ebene einheitlich sein müssen.
Eine zu große Differenzierung verwirre eher. Und letztlich seien Ballungszentren und flaches Land gar nicht so anders. "Auch ich bin in einer ländlichen Gegend aufgewachsen und erinnere mich gut an den Schulbus, der mich mit vielen anderen in die Schule gebracht hat – das waren unsere Begegnungszonen."
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