Ganz grundsätzlich: In Österreich ist die Arbeitslosenversicherung verpflichtend, in Dänemark freiwillig – rund 75 Prozent der Bevölkerung nehmen sie in Anspruch. Der monatliche Beitrag, um sich bei einer der 22 Arbeitslosenversicherungen der dänischen Gewerkschaften privat zu versichern, beträgt rund 40 Euro. Zum Vergleich: In Österreich entfallen in Summe sechs Prozent des Bruttogehalts auf die Arbeitslosenversicherung.
Schon wegen dieses fundamentalen Unterschieds seien die Systeme schwierig zu vergleichen, sagt Kocher dem KURIER: „Einige Elemente sind dennoch sehr spannend für uns. Eines der Ziele bei der Arbeitsmarktreform sollte sein, sicherzustellen, dass mehr finanzielle Mittel für eine flexiblere und aktivere Arbeitsmarktpolitik verwendet werden.“ Das trifft sich: Dänemark hat die höchsten Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik innerhalb der OECD.
Aktive Arbeitsmarktpolitik, das heißt: Ziel ist es, Arbeitslose so schnell wie möglich wieder in Beschäftigung zu bekommen. Wer in Dänemark seinen Job verliert, muss das am ersten Tag der Arbeitslosigkeit dem Jobcenter melden und innerhalb der nächsten zwei Wochen seinen Lebenslauf online stellen. In den ersten sechs Monaten sind regelmäßige Beratungsgespräche mit dem Jobcenter verpflichtend. Wer diesen Verpflichtungen nicht nachkommt und Jobs ablehnt – auch wenn sie deutlich unter der eigenen Qualifikation liegt – dem wird das Arbeitslosengeld gekürzt.
„Wer Arbeitslosengeld kassiert, hat die Pflicht, sich fortlaufend einen neuen Job zu suchen und ,Ja’ zu jedem Job zu sagen, der ihm angeboten wird“, stellt der sozialdemokratische dänische Arbeitsminister Peter Hummelgaard im KURIER klar. Markantes Detail: In Österreich gilt bei einem Vollzeitjob eine tägliche Wegzeit von zwei Stunden als „zumutbar“. In Dänemark sind es stramme dreieinhalb Stunden.
Hohes Arbeitslosengeld
Bei all diesen negativen Anreizen gibt es gleichzeitig reichlich Zuckerbrot für dänische Arbeitssuchende: Zu Beginn der Arbeitslosigkeit erhalten sie bis zu 90 Prozent ihres letzten Monatsgehalts. Dieser Betrag fällt dann kontinuierlich – ist also degressiv. In Österreich rasselt man sofort auf 55 Prozent, erhält diese aber konstant, bevor man in der Mindestsicherung landet. Für Aus- und Weiterbildungen erhalten Arbeitslose finanzielle Boni – wobei hier die österreichischen Modelle ähnlich sind.
Ein degressives Arbeitslosengeld kann sich Kocher auch für seine Reform vorstellen. Wie genau es ausgestaltet sein könnte, bespricht der Minister am 7. März bei einer gemeinsamen Enquete mit den Sozialpartnern.
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