Viel Freude und ein bisschen Skepsis bei den Neos

Viel Freude und ein bisschen Skepsis bei den Neos
Die Pinken halten ihr Ergebnis – und bleiben beim Nein zum Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Kurz.

Als Spitzenkandidatin Claudia Gamon die Neos-Parteizentrale kurz nach 21 Uhr zu den Klängen der inoffiziellen Wahlkampfhymne der Liberalen, dem Italopop-Hadern "Insieme", betrat, brandete einmal mehr riesiger Jubel auf.

Nachdem die "Claudia, Claudia"-Sprechchöre abgeebbt waren, dankte eine sichtlich stolze Gamon dem ganzen Team für den Erfolg, dass sich acht Prozent der Österreicher für die "Vereinigten Staaten von Europa“, das zentrale Wahlkampfthema der Liberalen, ausgesprochen hatten.

Dafür wolle sie "nachher jeden einzelnen umarmen", kündigte sie an - und setzte diesen Plan im Verlauf des Abends zumindest zum Teil auch in die Tat um.

Bereits zuvor hatten sich sämtliche Spitzenvertreter der Neos gleichlautend über das Ergebnis gefreut – von Parteichefin Beate Meinl-Reisinger über ihren Stellvertreter Nikolaus Scherak bis hin zu Sozialsprecher Gerald Loacker. Alle gaben sich "sehr zufrieden“.

Gamon und die alten Männer

Man habe im Wahlkampf "alles richtig gemacht", meinte Loacker, "von der Themensetzung bis hin zur Spitzenkandidatin". Letztere lobte auch Meinl-Reisinger über den grünen Klee. Viele hätten im Wahlkampf gefragt, ob es nicht besser wäre, einen älteren Mann als Spitzenkandidaten aufzustellen.

Für die Parteichefin keine Option: Gamon wäre "genau die Richtige, weil sie für die Themen brennt".

8,1 Prozent, das ist freilich exakt dasselbe Ergebnis wie bei der vergangenen Europawahl 2014. Die Neos ziehen aber lieber den Vergleich mit der Nationalratswahl 2017, bei der sie 5,3 Prozent der Stimmen erreichten. Im Vergleich dazu stehe ein Plus von drei Prozentpunkten – "mit so einem visionären Programm wie den ‚Vereinigten Staaten von Europa‘ ist das ein unglaublicher Erfolg“, sagte Scherak.

Zweites Mandat verpasst

Abseits der Kameras waren die Liberalen auch weitgehend bestens gelaunt. Dennoch waren hier auch enttäuschte Stimmen zu vernehmen, dass es trotz der Regierungskrise nicht zu mehr gereicht hat. Zehn Prozent und damit ein zweites Mandat, darauf hatten hier viele gehofft.

"Wir hätten natürlich gerne ein zweites Mandat gehabt", gestand dann auch Loacker ein, aber zehn Prozent wären ein "sensationelles Ergebnis" gewesen.

Und so überwiegt die Freude über einen "großartigen Erfolg“, wie Meinl-Reisinger sagte. Auch, weil die Neos "im besten Sinne“ die Taktik beiseitegelegt hätten.

Gegen Misstrauensantrag

"Zur eigenen Überzeugung stehen“ – das sei nun auch die Handlungsanleitung für den Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Kurz am Montag, den die Neos nicht unterstützen wollen.  An zu wenig Parteitaktik werde die Republik jedenfalls "nicht zugrunde gehen“, sagte Meinl-Reisinger

"Wir wollen den Kanzler nicht aus seiner Verantwortung entlassen“, bekräftigte auch Scherak - denn das wäre "der größte Fehler, den man machen kann". 

Was die Neos am Montag im Nationalrat hingegen tun werden, ist eine Reihe von Anträgen einzubringen. Von den geforderten Transparenzregeln und Strafverschärfungen beim Thema Parteispenden über die Abschaffung der erst unter Türkis-Blau eingeführten Generalsekretäre in den Ministerien bis hin zum Rauchverbot in der Gastronomie werden die Liberalen insgesamt 20 Anträge einbringen.

"Dann werden wir sehen, wie ernst es Sebastian Kurz meint", sagt Sozialsprecher Loacker. Der Kanzler hatte sich ja vergangene Woche gesprächsbereit gegeben, was etwa die Novellierung des Parteiengesetzes betrifft.

In die weitere Zukunft, nämlich in Richtung Nationalratswahl im September, blickte hingegen Claudia Gamon in ihrer Rede in der Parteizentrale. "Ich sehe, dass ihr Bock habt, den Schwung in den nächsten Wahlkampf mitzunehmen", rief sie den versammelten Pinken zu. "Und wann, wenn nicht jetzt?"

Sie wird dann freilich schon in Brüssel wohnen.

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