Dass er nicht mehr in seine Wohnung nach Wien zurückkehren konnte, war jedoch nur Auslöser seiner juristischen Unternehmung, nicht aber der Grund. Dominik Prankl verfolgte zu dieser Zeit – so wie viele andere Österreicher – die täglichen Pressekonferenzen der Regierung. Und er ärgerte sich. „Diese patriarchale Verkündung von Gesetzen in Pressekonferenzen hat mich sehr gestört. Noch dazu, weil die Rechtslage nicht richtig wiedergegeben wurde. Da ging es um Publicity“, sagt Prankl.
Und spätestens als Bundeskanzler Sebastian Kurz die Kritik an der Werthaltigkeit der Verordnungen als „juristische Spitzfindigkeiten“ abtat, war er sich sicher: Er muss dagegen vorgehen. „Das war absurd und zeigt eine Geringschätzung unserer Verfassung“, meint der 28-Jährige. Diese sichere immerhin unsere Grundrechte. „Wenngleich man zur Verteidigung von Herrn Kurz sagen muss, dass er das Jusstudium nicht abgeschlossen hat“, sagt er und schmunzelt.
Also schritt Dominik Prankl zur Tat. Auch im Sinne jener, die teils Strafen bis zu 500 Euro zahlen mussten und das – wie man jetzt weiß – zu Unrecht. „Viele sind mit juristischen Themen nicht so vertraut und können sich vielleicht nicht so zur Wehr setzen wie ich.“
Die Entscheidung des VfGH dürfte also noch große Wellen schlagen und anhängige Verwaltungsstrafverfahren könnten auf dieser Grundlage eingestellt werden. Das Urteil werde auch für künftige Ausgangsbeschränkungen richtungsweisend sein: Was ist zulässig und was nicht? „Mir ging es also nicht darum, dass es heißt: Der Prankl hat recht gehabt.“ Es ist sein altruistischer Anspruch. „Der Rechtsstaat ist immer in Gefahr und muss von jedem von uns verteidigt werden“, zitiert er den deutschen Rechtswissenschafter Rudolf von Jhering.
Sinnvoll wäre seiner Meinung nach jetzt eine Generalamnestie bei Corona-Strafen. Die Möglichkeit dafür sieht Prankl durchaus: entweder durch das Verwaltungsstrafrecht, das die Aufhebung und Rückzahlung von Strafen ermögliche – oder durch ein eigenes Gesetz. Dazu brauche es lediglich den politischen Willen. Das Argument, die Verordnungen hätten damals schnell aus dem Boden gestampft werden müssen, lässt er nicht gelten. Derartige Verordnungstexte seien nicht lang, ein paar Tage Vorbereitungszeit würden ausreichen. Zudem könne man sie, sobald man einen Fehler entdeckt, jederzeit umschreiben und neu veröffentlichen. „Und dann gelten sie.“
Es könnte übrigens nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich das Höchstgericht mit derlei Beschwerden über Corona-Maßnahmen beschäftigen muss, meint Prankl, der schon mit zwölf Jahren Anwalt werden wollte: „Derzeit gilt ja generell die Ein-Meter-Abstand-Regel im öffentlichen Raum. Derartige Auflagen dürften sich aber ebenso nur auf bestimmte Orte beziehen.“
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