Verwaltungsrichter wehren sich gegen Partei-Absprachen für Richterposten

ÜBERGABE DES AMTSGEBÄUDES FÜR DAS BUNDESVERWALTUNGSGERICHT: AUSSENANSICHT
Besetzung des Bundesverwaltungsgerichts steht laut Sideletter der ÖVP zu. Verwaltungsgerichte wurden von Reform gegen Polit-Einfluss ausgespart.

Jetzt wehren sich auch die Verwaltungsrichter gegen parteipolitische Absprachen beim Besetzen von Richterposten. Sie wollen, dass Politiker (oder deren Abgesandte) künftig kein Vorschlagsrecht mehr haben, welche Personen mit bestimmten Richterposten betraut werden. Stattdessen solle ein Richtersenat die Vorschläge für die Postenbesetzung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit erstellen.  Die parteipolitischen Absprachen hätten „Zweifel an der Neutralität und Unempfänglichkeit dieser RichterInnen geradezu heraufbeschworen und Schaden am Vertrauen in die Verwaltungsgerichtsbarkeit verursacht“, stellt der Dachverband der Verwaltungsrichter fest.

Bei Reform "ausgespart"

Die Verwaltungsrichter beziehen sich auf eine Reform für den Bestellmodus von Richtern am Obersten Gerichtshof (OGH). Dort wird (nach den peinlichen Chats der OGH-Vizepräsidentin Eva Marek) genau ein solcher Bestellmodus mit Richtersenat eingeführt, wie er generell in der ordentlichen Gerichtsbarkeit schon lange gilt. Die OGH-Reform liegt zur Beschlussfassung im Parlament.

Die türkis-grüne Regierung hat allerdings die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht in diese Reform einbezogen, sondern im Gegenteil, dort steht laut Regierungs-Sideletter eine parteipolitisch abgesprochene Postenbesetzungen bevor. 

Zwei Dutzend Leitungsstellen werden in der Verwaltungsgerichtsbarkeit  ohne Vorschläge richterlicher Personalsenate besetzt. Konkret geht es um die Präsidenten und Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, um die neun Verwaltungsgerichte sowie um das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht.

Für den VwGH gibt es überhaupt keine gesetzliche Regelung zu den Besetzungsvorschlägen an den Bundespräsidenten, dem die Ernennung obliegt.

Politikvertreter in Auswahlkommission

Für das seit 2014 tätige Bundesverwaltungsgericht ist (ebenso wie für das Bundesfinanzgericht) im Gesetz ein Vorschlag durch eine Kommission vorgesehen. Dieser Kommission gehören allerdings neben Wissenschaftern und den Präsidenten der drei Höchstgerichte auch Vertreter der Ministerien bzw. des Kanzleramts an.

ÖVP stehen laut Absprache Chefposten zu

Aktuell sucht eine solche Kommission einen Nachfolger für den Bundesverwaltungsgerichtspräsidenten Harald Perl, der mit Jahresende in Pension geht. Laut Sideletter der türkis-grünen Regierung hätte die ÖVP das Nominierungsrecht. Bereits gemäß dem Sideletter besetzt wurde der Verfassungsgerichtshof (Präsident ÖVP, Vize Grüne) und am Bundesfinanzgericht (Präsident ÖVP). Für den VwGH gibt es ebenfalls eine Absprache.

EU-Standards verletzt

Harald Perl werkte übrigens in den Kabinetten von Franz Vranitzky und Viktor Klima. Inzwischen haben sich allerdings die Zeiten geändert, denn dass auch Regierungsvertreter in den Auswahlkommissionen sitzen, widerspricht europäischen Standards. Dies haben der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, die Korruptionswächter GRECO und zuletzt auch die Europäischen Kommission an Österreich kritisiert. Nötig wären Vorschlagskommissionen, in denen alle Mitglieder weisungsfrei und unabhängig sind, erklärt der Sprecher der Verwaltungsrichter, Markus Thoma, gegenüber der APA.


 

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