Verwaltungsgericht wartet seit 165 Tagen auf neue Leitung

Verwaltungsgericht wartet seit 165 Tagen auf neue Leitung
Trotz Appellen ist noch keine Lösung für das BVwG in Sicht.

165 Tage: So lange wartet das Bundesverwaltungsgericht schon auf seine neue Leitung. Eine Allianz an NGOs (Amnesty, asylkoordination, epicenter.works und Ökobüro), die häufig mit dem Gericht als Kontrollinstanz zu tun haben, hat auf einer Website (www.posten-besetzen-statt-schieben.at) einen Timer eingerichtet, der die verstrichene Zeit anzeigt. 

Partoutstandpunkt

Die Allianz prangert damit an, dass das größte Gericht Österreichs ein Opfer von „parteipolitischen Spielerei“ und „Postenschieberei“ geworden sei. Anders könne man sich die Verzögerung nicht erklären, hieß es bei einer Pressekonferenz am Montag. Eine Personalkommission hat schon vor Monaten einen Vorschlag abgeliefert, der nur noch im Ministerrat beschlossen werden müsste. Lukas Gahleitner-Gertz von der asylkoordination wirft der Regierung „Respektlosigkeit und Verantwortungslosigkeit“ vor – gegenüber der Kommission, dem Gericht und der Bevölkerung.

Hinter vorgehaltener Hand machen ÖVP und Grüne auch kein Hehl daraus, dass sie jeweils auf einem Partoutstandpunkt stehen, wie der KURIER  mehrfach berichtete. Denn nicht nur das BVwG, sondern auch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) muss neu besetzt werden. Für das BVwG hat eine Kommission Sabine Matejka, derzeit Vorsteherin des Bezirksgerichts Floridsdorf und Chefin der Richtervereinigung, ausgewählt. Für das BWB hat sich eine andere Kommission für Michael Sachs, der derzeit das BVwG interimistisch leitet, entschieden. 

Sachs gilt als türkiser Wunschkandidat. Die Grünen zweifeln an seiner Qualifikation und bezeichnen die Kommission offen als „fragwürdig“. So weit, die Vorgänge als Amtsmissbrauch anzuprangern, gehen sie nicht. Stattdessen verweisen sie auf ein Gutachten, das die fehlende Qualifikation bestätigt (die ÖVP konterte mit einem Gegengutachten, Anm.). Es bleibt dabei: Sachs sei „unbestellbar“, man warte auf einen neuen Vorschlag vom Wirtschaftsministerium.

"Voll arbeitsfähig"

Die ÖVP hat im Gegenzug keine Eile, Matejka zur BVwG-Präsidentin zu machen. Als Standesvertreterin hat sie sich in den vergangenen Jahren mehrmals kritisch zur ÖVP und deren Angriffe auf die Justiz geäußert. Denkbar, dass es von türkiser Seite ähnliche Vorbehalte gegen Matejka gibt wie von grüner Seite gegen Sachs – laut aussprechen will das aber niemand.

Im Bundeskanzleramt beschränkt man sich im Statement darauf, dass „beide Behörden voll arbeitsfähig“ seien. Das BWB werde sogar personell aufgestockt. Zur Personaldebatte heißt es weiter: „Es gibt Vorschläge und Reihungen der Besetzungskommissionen, die Verhandlungen über die Besetzung der Spitze laufen nach wie vor zwischen den Regierungsparteien.“ 
Nun mahnt auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Regierung zu einer raschen Entscheidung.

Er sehe „den langen Zeitraum bei der Besetzung von Schlüsselstellen der Republik sehr kritisch, hieß es laut mehreren Medien aus der Präsidentschaftskanzlei.  „Im Fall des Bundesverwaltungsgerichts scheinen alle Voraussetzungen für eine rasche Besetzung gegeben“, teilte Van der Bellens Sprecher mit. Die „unabhängige Kommission unter dem Vorsitz von Höchstrichtern“ habe eine „eindeutige Empfehlung“ abgegeben.

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