Verborgene Schätze im Finanzausgleich

Kan sich zufrieden die Hände reiben: Finanzminister Hans Jörg Schelling
Bauordnung, Pflege, Wohnbau: Schelling und die Länder haben mehr geschafft als erwartet.

Heute beschließt der Nationalrat den neuen Finanzausgleich. Er gilt für vier Jahre und regelt, wie 95 Milliarden Euro, die die Steuerzahler an den Staat abliefern, verteilt werden.

"Wir stehen uns bei unseren Erfolgen oft selbst im Weg", räumten die Regierungsspitzen am Dienstag im ORF-Bürgerforum ein. Der Finanzausgleich ist ein gutes Beispiel dafür. Vom Streit über die Mindestsicherung überdeckt, blieben viele Schätze des neuen Finanzausgleichs verborgen. Der KURIER hat nachgegraben.

Vorweg: Finanzminister Hans Jörg Schelling hat nicht schlecht verhandelt. Die Länder und Gemeinden wollten bis 2020 in Summe elf Milliarden Euro mehr haben. 1,2 Milliarden, also etwa zehn Prozent ihrer Forderungen, haben sie durchgesetzt.

Aufgabenorientierung/Schule

Hinter dem technischen Begriff "Aufgabenorientierung" verbirgt sich eine Verschiebung des Gestaltungsspielraums von den Ländern zum Bund.

Und zwar so: Der Bund koppelt bestimmte Geldsummen an Aufgaben, die die Länder zu erledigen haben. In einem zweiten Schritt kann der Bund diese Zahlungen an zusätzliche Bedingungen knüpfen.

Zweck der Übung ist, die Qualität der öffentlichen Leistungen sicherzustellen. Konkret: Im neuen Finanzausgleich wird ab 1. Jänner 2018 das Geld für Kindergärten erstmals "aufgabenorientiert" ausbezahlt. Bis 1. September 2017 werden Qualitätskriterien für die Kindergärten definiert. Die Geldzuteilung ist dann nicht nur quantitativ an die Anzahl der Kinder, sondern auch an die Qualität der Betreuung geknüpft.

Ab 1. Jänner 2019 wird dieses System analog für alle Pflichtschulen eingeführt.

Sogar beim Jahrzehnte alten Streitthema Landeslehrer bewegt sich etwas. Fix ist ein "Unterrichtsinformationssystem", damit der Bund erstmals weiß, was die von ihm bezahlten Landeslehrer tun: Unterrichten? Verwalten? Sonstiges? (siehe Sub-Story).

Gesundheit

Zusätzliche Mittel für das Gesundheitssystem sind ebenfalls an Aufgaben geknüpft – etwa Primärversorgungszentren oder Arbeitszeitgesetze in Spitälern. Hintergrund für Letzteres: Das Ärztearbeitszeitgesetz geht zwar auf eine EU-Richtlinie zurück, aber Österreich (= das Sozialministerium) hat die EU-Richtlinie übererfüllt. Dann haben die Länder auch noch einzeln statt geschlossen mit den Ärzten verhandelt. So wurde die Neuregelung teuer. Jetzt wird überlegt, das Ärztearbeitszeitgesetz auf das von der EU geforderte Niveau zurückzuschrauben.

Wohnbau

Die Zweckbindung für die Wohnbauförderung hob Finanzminister Grasser auf. Nun müssen die Länder wieder verbindliche Wohnbauprogramme vorlegen und am Jahresende Erledigungsberichte abliefern.

Pflege

Der Pflegefonds wird künftig Geld für "Alltagsbegleitung" ausschütten. Ein Pflegebedürftiger kann persönliche Assistenz für zu Hause bei einem Pflegeverein anfordern, der Pflegeverein wendet sich an den Pflegefonds um Geld. Die Pflegevereine werden zwischengeschaltet, um Qualität beim Personal zu garantieren, und damit der Staat eine Kontrolle hat, dass das Geld aus dem Pflegefonds nicht beim Enkerl landet.

Haftungsgrenzen

Haftungsgrenzen werden verbindlich geregelt. Basis sind die jährlichen Steuer- und Abgabenanteile. Demnach dürfen Länder und Bund Haftungen von bis zu 175 % eingehen, Gemeinden von bis zu 75 %. Zum Vergleich: Kärnten ging bei der Hypo Haftungen von 1200 % ein.

Ausgaben-Revision

Schelling hat ja bereits das Jahrhundertwerk vollbracht, den Ländern vergleichbare Buchführungsregeln vorzuschreiben. Auf dieser Basis wird nun eine spending review eingeführt. Zweck: Ausgabenposten vergleichen. Da kommt man dann etwa drauf, dass die Kärntner Landesbeamten mehr verdienen als die Beamten des Finanzministeriums. Oberösterreich hat diese Ausgabenrevision sehr stark unterstützt.

Förderungen

Die Transparenzdatenbank kommt endlich in Gang. Die Umwelt- und Energieförderungen sind bereits zu 100 Prozent erfasst.

Bauordnung

Schließlich wird ein Kalauer des Föderalismus – dass in Österreich Stufenhöhen und Türbreiten neun Mal unterschiedlich geregelt sind – der Vergangenheit angehören. Die neun verschiedenen Bauordnungen werden endlich abgeschafft. Alle technischen Normen werden österreichweit vereinheitlicht.

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