Ursula Plassnik: "Die Schweizer haben auch Kühe, aber weniger heilige“

Ursula Plassnik: "Die Schweizer haben auch Kühe, aber weniger heilige“
Ex-Außenministerin über die NATO-Beitrittsdebatte, warum Österreichs Brückenbauer-Funktion an Selbstbetrug grenzt und die Schweiz einen Schritt weiter ist.

Finnland und Schweden treten wegen des Ukraine-Kriegs der NATO bei, die Schweiz überarbeitet ihre Neutralität. Das ebenso neutrale Österreich tritt sicherheitspolitisch auf der Stelle. Befinden wir uns im Schlafmodus? Ja, meint Ursula Plassnik, ehemals ÖVP-Außenministerin und bis 2021 Botschafterin in Bern. Was Österreich tun muss, um wieder ernstgenommen zu werden.

KURIER: Der Status quo von Österreichs Sicherheitspolitik sei „nicht nur unhaltbar, sondern gefährlich“, kritisieren österreichische Intellektuelle in einem offenen Brief an Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Wie beurteilen Sie diesen Befund?

Ursula Plassnik: Putins Überfall auf die Ukraine ist in der Tat eine Zeitenwende. „Der Urlaub von der Geschichte ist vorbei“ – wie es Außenminister Schallenberg gesagt hat. Mein Anliegen ist es, dass auch wir Österreicher zügig und nüchtern prüfen, wie wir unsere Sicherheit am wirksamsten gewährleisten können. Wenn wir uns selbst ernst nehmen – und von anderen ernst genommen werden wollen –, können wir das nicht länger vor uns herschieben.

Vor Russlands Angriff am 24. Februar war das undenkbar, nun treten Schweden und Finnland der NATO bei. Was lernen wir über die aktuelle Lage, wenn zwei sozialdemokratische Regierungschefinnen diesen massiven Schritt Richtung Militarisierung setzen?

Es geht hier nicht um „Militarisierung“, sondern um den Schutz der Menschen und der Interessen Schwedens und Finnlands. Unsere nördlichen EU-Partner treten ja einem Verteidigungsbündnis bei. Sie haben die neue sicherheitspolitische Situation in Europa sorgfältig geprüft und ziehen jetzt die Konsequenzen daraus. Im Übrigen haben beide immer sehr viel in ihre militärische Verteidigung investiert.

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