Neutralität hin oder her: Die Schweiz will näher an die NATO

Die Schweiz tritt der EU selbstbewusst entgegen
Russlands Angriffskrieg hat viel verändert bei unseren Nachbarn: Die Eidgenossen wollen dem Bündnis zwar nicht beitreten, aber eine engere Kooperation. Auf Österreich blickt man kritisch.

Dass die Schweiz Adieu zu ihrer Neutralität sagt, ist ähnlich unvorstellbar wie in Österreich. Allerdings führen die Eidgenossen seit dem russischen Angriff auf die Ukraine eine leidenschaftliche Debatte über ihre militärische Strategie: Die Schweiz dürfe angesichts des Kriegs kein „sich autonom verteidigender Igel“ mehr sein, argumentiert die liberale FDP; die bürgerliche Mitte-Partei fordert mehr Annäherung an die NATO – deren Verteidigungsministerin Viola Amherd war deshalb bereits in Washington.

Möglich ist das, weil die Bevölkerung dahinter steht. 56 Prozent sind laut einer Umfrage für eine engere Zusammenarbeit mit der NATO. Einen Beitritt, der die ähnlich wie in Österreich sakrosankt scheinende Neutralität beenden würde, lehnen die Schweizer ab. Nur für 35 Prozent kommt das infrage.

Österreich als "militärisches Vakuum"

Allerdings: Im Verständnis der Neutralität gibt es deutliche Unterschiede. Die Schweiz sieht die Neutralität als außenpolitische Maxime, die im Falle eines Angriffs auf das eigene Territorium außer Kraft gesetzt würde und Kooperationen mit anderen Ländern ermöglicht – darum hat sie immer viel ins eigene Militär investiert. Diese Ausgaben will man sogar von fünf auf sieben Milliarden Franken anheben; die Flugabwehr wird um 34 F-35-Kampfflugzeuge erweitert.

In Österreich sieht die Schweiz, die wegen ihrer Lage auch als „NATO-Trittbrettfahrer“ gilt, ein „militärisches Vakuum“, wie die NZZ schreibt. Der Nachbar glänze durch „sicherheitspolitischen Absentismus“, da eine leistungsfähige Luftwaffe fehle; das stelle eine „Bedrohung im Luftraum dar“. Diese Lücke will man jetzt schließen – auch in Kooperation mit der NATO. EP

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