Wolfgang Mazal nennt die jüngsten Ansagen von Kopf „mutig und zielführend. Allerdings nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts, das weit über die Zuverdienstfrage hinaus geht“, so der Experte für Arbeits- und Sozialrecht und Professor der Uni Wien.
Fachkollege Bernd Marin teilt zwar die Einschätzung von Kopf, dass die Zuverdienst-Möglichkeit dazu führen kann, in dieser Konstellation zu verharren, und die Motivation sinkt, eine Vollzeitbeschäftigung aufzunehmen. Er gibt aber zu bedenken: „Durch eine Abschaffung würden viele in die Armut gestoßen. Zuverdienste sind oft die einzige Möglichkeit für Langzeitarbeitslose, ihren Lebensunterhalt abzusichern.“ Wenn die Zuverdienste eingeschränkt werden, dann nur in einem Gesamtkonzept: Für bestimmte Gruppen müsse die Option bestehen bleiben, und insgesamt müssten armutsfeste Anreize, eine Arbeit aufzunehmen, verstärkt werden.
Die Gewerkschaft war über den Kopf-Vorschlag jedenfalls empört. Es sei für Arbeitslose „oft lebensnotwendig“, zur Arbeitslosen dazuzuverdienen. Das Arbeitslosengeld allein sei viel zu gering und es gäbe in Summe viel zu wenige Jobs.
Dagegen verwies der Wirtschaftsbund darauf, dass Firmen keine Mitarbeiter finden. „Es kann nicht sein, dass es für Arbeitslose lukrativer ist, die staatlichen Unterstützungsleistungen mit Nebenjobs aufzubessern, als aktiv am Erwerbsleben teilzunehmen“, so Generalsekretär Kurt Egger.
Das Argument, dass es zu wenig Jobs gibt, lässt Mazal übrigens nicht gelten. Sie müssten nur aus der Schwarzarbeit in offizielle Beschäftigungsverhältnisse geholt werden.
Ein Mittel dazu könnte der Dienstleistungsscheck sein. Mit diesem sollten Helfer in privaten Haushalten offiziell entlohnt werden. Der Arbeitgeber verteilt statt Geld Dienstleistungsschecks, diese können über eine App eingelöst werden. Um diese offizielle Entlohnung attraktiver zu machen, kann sich Mazal künftig auch eine Aufzahlung des Staates vorstellen – die wiederum Leute in offizielle Beschäftigungsverhältnisse hieven würde.
Mazal kritisiert, dass jene, die ihren Job verlieren, derzeit in den ersten 100 Tagen der Arbeitslosigkeit nur eine Stelle annehmen müssen, bei der das Entgelt bei mindestens 80 Prozent des bisherigen Verdienstes (bis zur Höchstbeitragsgrundlage) liegt. „Das führt dazu, dass viele in dieser Zeit nichts finden und später erst recht einen schlechter bezahlten Job annehmen müssen.“
Sinnvoller wäre laut dem Experten ein Kombilohnmodell. Also, dass das AMS auf bis zu 80 Prozent des alten Gehaltsniveaus aufzahlt, wenn das neue Gehalt darunter liegt. Die Erfahrungen aus Ländern, die ohne Berufs- und Entgeltschutz vermitteln, würden zeigen, dass dieser Weg keineswegs in den Niedriglohnsektor führt, betont Mazal.
Bei der Zumutbarkeit gibt es aus seiner Sicht nur zwei Fragen: Kann jemand den Job machen und verdient er damit genug Geld? Letzteres sei im Kombilohnsystem gesichert.
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