Umstrittene Islam-Landkarte vorübergehend offline genommen
Nachdem am Mittwoch "Warnschilder" mit der Aufschrift "Achtung! Politischer Islam in deiner Nähe" vor mehreren Wiener Moscheen angebracht wurden, die sich auf die höchst umstrittene Islam-Landkarte bezogen hatten, war die Karte Donnerstagfrüh nicht mehr abrufbar.
Zwar kann die Webseite nach wie vor geöffnet werden. Die Landkarte selbst, in der rund 600 muslimische Einrichtungen österreichweit verzeichnet sind, kann jedoch nicht mehr geklickt und die Details zu den verzeichneten Einrichtungen nicht mehr angesehen werden.
Aslan bedauert "Instrumentalisierung"
Stattdessen wurde eine Stellungnahme von Initiator Ednan Aslan über die Karte gelegt, in der dieser die "politische Instrumentalisierung" und das "Konterkarieren" des Projekts durch "verschiedenste Rechtsextremisten" während der letzten Tage bedauert.
Das Anbringen der Warnschilder sei "erschütternd und verstörend" und er, Aslan, verurteile derartige Aktionen auf das Schärfste.
"Die Islamlandkarte wollte eine differenzierte Diskussion über das islamische Leben in Österreich ermöglichen und einen positiven Beitrag leisten. Es sollte die Vielfalt des islamischen Lebens in Österreich aufgezeigt werden – in all seinen Schattierungen", so Aslan weiter.
Er wolle dennoch festhalten, "dass zweifellos dringende Notwendigkeit an einer sachlichen Debatte über den Islam in Österreich besteht". Dazu könne die Landkarte einen sinnvollen Beitrag leisten. Aslan abschließend: "Ich fordere alle Seiten zur Rückkehr zu einer sachlichen, wissenschaftlich fundierten Diskussion auf."
Warum die Karte nun aber offline genommen wurde, schrieb Aslan nicht.
Karte kommt zurück
Bei der Dokumentationsstelle Politischer Islam hieß es Donnerstagfrüh auf KURIER-Anfrage, die Karte sei offline, weil Aslan nach Drohungen den IT-Anbieter wechseln müsse. "Die Islam-Landkarte wird aber zeitnah wieder online gehen", sagte Direktorin Lisa Fellhofer. Mit den Warnschildern stehe das Offline-Stellen nicht in Zusammenhang.
Konkretere Informationen zur Art der Drohungen, inwiefern diese mit dem IT-Dienstleister zusammenhängen oder wann genau die Karte wieder online gehen wird, konnte Fellhofer vorerst nicht geben.
"Kurzzeitige Unterbrechung"
"Auf Grund der aufgeheizten Stimmung und der Drohungen der letzten Tage ist es zu einem Wechsel des IT-Betreibers der Plattform gekommen. Daher mussten die Funktionen auf der Seite vorübergehend deaktiviert werden", schrieb auch Aslan in einer Stellungnahme an den KURIER. "Selbstverständlich" werde die Landkarte jedoch nicht dauerhaft offline genommen.
"Wir lassen unsere wissenschaftliche Arbeit weder durch rechtsextreme Vereinnahmung noch durch islamistische Drohungen zunichte machen", so Aslan weiter. Es handle sich lediglich um eine kurzzeitige Unterbrechung, die aufgrund der IT-Umstellungen notwendig sei. Sobald diese vorgenommen wurden, werde das Projekt wieder online gehen.
"Wir lassen unsere wissenschaftliche Arbeit weder durch rechtsextreme Vereinnahmung noch durch islamistische Drohungen zunichte machen", sagte Aslan zur APA. Sobald die IT-Änderungen vorgenommen worden seien, würde das Projekt wieder online gehen.
Zugang nur mehr nach Registrierung
Allerdings mit einer - eventuellen - Änderung: Der Zugang zu der Website werde nur noch nach vorhergehender Registrierung möglich sein, erklärte Mouhanad Khorchide, Leiter des Beirats der Dokumentationsstelle im Falter-Podcast. Aslan dementierte das jedoch gegenüber der APA.
Die Grüne Integrationssprecherin Faika El-Nagashi hatte davor in einer Aussendung gemeint: "Es braucht jetzt eine Ruhephase, in der das Projekt offline genommen und grundlegend überarbeitet wird." Sicherheit, Datenschutz und der Dialog mit den Betroffenen müssten in die DNA dieses Projekts eingebaut werden. Spätestens mit dem gestern bekannt gewordenen Aufruf rechtsextremer Gruppen, muslimische Einrichtungen mit einem Schild im Stadtbild zu "markieren", sei die Landkarte zu einem ernst zu nehmenden Sicherheitsproblem geworden.
Massive Kritik an Landkarte
Bereits seit ihrer Präsentation vor einer Woche hatte die Islam-Landkarte zu heftigen Reaktionen von muslimischen Organisationen, aber auch SPÖ, Grünen und Neos geführt. Unter anderem war die Rede von "Stigmatisierung", einer "nie da gewesenen Grenzüberschreitung" und einem durch die Karte ausgelösten "massiven Sicherheitsrisiko" für Muslime.
Nach der Präsentation war es zu Übergriffen auf Moscheen und Muslime, aber auch zu Drohungen gegen ÖVP-Integrationsministerin Susanne Raab gekommen. In der Causa der "Islam-Warnschilder" ermittelt das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT).
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