DSN-Chef: Überwachung von Messenger-Diensten "für 10 bis 20 Fälle im Jahr"
Seitdem ein 19-jähriger mutmaßlicher Anhänger der Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) aus Ternitz einen Anschlag auf eines der Taylor Swift-Konzerte in Wien im August geplant hatte (was letztlich auch zur Absage der Shows führte), ist das Thema Sicherheit und Terror-Abwehr einmal mehr omnipräsent.
Dazu stand Omar Haijawi-Pirchner, Leiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), am Dienstagabend in der ZIB2 Rede und Antwort.
DSN-Chef für Messenger-Überwachung
Mit den abgesagten Swift-Konzerten und der Frage zur Überwachung von Messenger-Diensten, die aktuell wieder zur Debatte steht, stieg Moderator Armin Wolf auch gleich in das Gespräch ein: "Die Behörden und Sie wussten bis zu einem Hinweis amerikanischer Geheimdienste nicht, dass der 19-Jährige aus Ternitz gefährlich war – wie hätten mehr Überwachungsmethoden geholfen?"
Daraufhin stellte Haijawi-Pirchner, der sich bereits im Vorfeld immer wieder für eine solche Überwachungsmöglichkeit in Österreich geäußert hatte, klar: "Islamisten und extremistische Personen kommunizieren heute im Internet. Über Gewalttaten wird teilweise im freien Internet kommuniziert – konkrete Anschlagspläne jedoch in Chats, die verschlüsselt sind, wo man auch nicht reinkommt. In solchen Fällen sind Messenger-Überwachungen erforderlich. Der Fall in Ternitz zeigt genau das.“
Wolf bohrte daraufhin nach: "In dem Moment, wo man wusste, dass dieser Mann mit dem IS sympathisiert, hätte man doch schon sein Handy sicherstellen und alles auslesen können." Haijawi-Pirchner sieht einen solchen Zeitpunkt bereits als "zu spät" – und betont den "schmalen Grad" zwischen Gefahrenabwehr und Gefahrenaufklärung: "Wir müssen Beweise sammeln, um mit Hausdurchsuchungen, Festnahmen und anderen Maßnahmen vorgehen zu können." Einmal mehr bringt der DSN-Chef das Thema Messenger-Überwachung auf den Tisch: "Ab dem Tag, wo wir wussten, dass diese Person eine Gefahr darstellt, hätten wir damit sehr viele Beweise sammeln können, die dafür zielführend gewesen wären."
DSN-Chef: "Haben viele Gefährder in Österreich"
Moderator Wolf will als nächstes von seinem Studiogast wissen, welche konkreten Straftaten in Österreich in den vergangenen Jahren mithilfe von Messenger-Überwachung hätten verhindert werden können. "Viele Dinge", so Haijawi-Pirchner. Und räumt ein: "Wir wissen, dass wir in Österreich viele islamistische Gefährder haben. Terroranschläge kann man mit keiner Überwachungsmöglichkeit der Welt hundertprozentig verhindern."
Die Bedrohungsbilder heutzutage hätten sich geändert, daher seien neue Methoden notwendig. "Wir in Österreich sind das einzige Land in ganz Europa, dass diese Möglichkeit derzeit nicht hat."
Wolf geht daraufhin auf die kritischen Stimmen ein: "Nicht die wenigen Informationen seien das Problem, sondern, dass Sie die Informationen mangelhaft auswerten, so Kritiker." Der ZIB 2-Moderator nennt noch ein Beispiel: "Der 19-Jährige aus Ternitz hat seinen Treueschwur auf den IS in einem Video auf Instagram hochgeladen. Das hätte man schon überwachen dürfen – aber es wurde nicht gesehen."
Das lässt der DSN-Chef so nicht stehen: "Selbst wenn wir zu dieser Information frühzeitiger gekommen wären, hätten wir weiterhin Beweise sammeln müssen. In unserer Arbeit können wir nach Erstinformationen nicht sofort beendende Maßnahmen setzen." Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst dürfe natürlich im Internet suchen, aber: "Sie sprechen hier Massenüberwachung an. Das öffentliche Internet nach Key-Wörtern oder Bildern mit Algorithmen zu durchforsten, wäre genau das, was oft kritisiert wird bei uns. Das wollen und können wir nicht.“
"Wir wissen, um welchen Swift-Konzert es gegangen wäre"
Auch sei der aktuelle Gesetzesentwurf für etwaige Überwachungsmethoden ganz anders als noch jener zum Bundestrojaner aus dem Jahr 2019 – dieser bezog sich auf alle Inhalte eines Handys. "Wir wollen heute aber in Echtzeit Messenger-Kommunikation überwachen können, und zwar bei akuten Gefährdern. Wir können unsere Arbeit in dem Bereich derzeit nur sehr eingeschränkt leisten."
"Wie oft würden Sie eine solche Überwachungs-Software pro Jahr in Österreich einsetzen?" fragt Wolf nach. Zwar sei dies schwer zu beantworten, Haijawi-Pirchner schätzt aber: "Wenn ich an letzten Monate denke, würde ich einschätzen, dass diese Maßnahme bei zehn bis 20 Fällen im Jahr sinnvoll wäre."
Das Gespräch kehrt zu dem 19-jährigen Ternitzer zurück. Hier sei "klar gelungen", einen Anschlag zu verhindern: "Die bisherigen Ermittlungsergebnisse zeigen eindeutig, dass hier einiges vorbereitet wurde. Und dass vermutlich viele Menschenleben gerettet wurden."
Abschließend nennt der DSN-Chef noch ein weiteres Detail aus dem Fall: "Wir haben im Telefon des Beschuldigten mittlerweile auch einen Eintrag zum Taylor-Swift-Konzert gefunden. Wir wissen, um welches Konzert es gegangen wäre."
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