Datenschützer erteilen dem Wunsch nach Bundestrojaner klare Absage

Gemeinsam sprachen sich Datenschützer aus unterschiedlichen Bereichen gegen den Bundestrojaner aus
Laut Datenrechtlern haben heimische Behörden bereits weitgehende Befugnisse. BMI hält dem entgegen, man sei europaweit Schlusslicht.

Nach vereitelten Anschlagen auf die Regenbogenparade im Sommer sowie im September am Wiener Hauptbahnhof wurden zuletzt wieder Forderungen nach mehr Überwachung für sogenannte Gefährder laut – Stichwort Bundestrojaner.

Sowohl das Innenministerium (BMI) als auch die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) und das Bundeskriminalamt (BK) beklagen ja schon länger „einen blinden Fleck“, da Kriminelle hauptsächlich verschlüsselte Kommunikation nutzen würden. Die Gesetzeslage in Österreich erlaubt eine Überwachung von Messengerdiensten wie Signal oder Telegram – anders als in vielen anderen Ländern – aber nicht.

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Die wiederholten Forderungen haben die Datenschützer der NGO „Epicenter.works“ auf den Plan gerufen. Gemeinsam mit weiteren Experten haben sie im Rahmen eines Hintergrundgesprächs erneut Bedenken gegenüber des staatlichen Hackings geäußert. Hauptkritik der Datenrechtler: Durch einen Bundestrojaner würden Sicherheitslücken nicht nur in Kauf genommen, sondern bewusst ausgenützt werden. Neben Ermittlern hätten auch Kriminelle Zugriff auf sensible Daten, sofern sie es schaffen, die Smartphones zu knacken.

DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner machte sich erst am Freitag im ORF für mehr Befugnisse stark, da derzeit eine besondere Gefahr im Bereich des rechtsextremen und islamistischen Extremismus verortet werde.

Sachlichkeit gefordert

„Epicenter.works“-Geschäftsführer Thomas Lohninger kann dieser Argumentation nur wenig abgewinnen: „Die DSN hat schon jetzt unheimlich viele Möglichkeiten. Wenn sie sich anders als das BVT (Vorgängerbehörde, Anm.) professionell aufstellen will, sollte sie sachlich evaluieren anstatt immer emotional und anlassbezogen eine Ausweitung ihrer Befugnisse zu fordern.“

René Mayrhofer, Leiter des Instituts für Netzwerke und Sicherheit der JKU, kritisierte zudem potenziell hohe Kosten, die eine derartige Überwachung verursachen würde.

Seiner Einschätzung zufolge verfügen die österreichischen Behörden nicht über die Ressourcen, um eine derartige „Spionagesoftware“ einzusetzen bzw. die dafür notwendigen Sicherheitslücken aufzuspüren. „Wir reden hier nicht selten von Summen in der Höhe von einer Million US-Dollar pro gefundener Sicherheitslücke. Und noch viel höher ist der Preis am Schwarzmarkt, denn nicht nur die österreichische Exekutive will so etwas kaufen, das ist derselbe Markt für die Organisierte Kriminalität“, erklärte Mayrhofer.

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Den Bundestrojaner wollte bereits die türkis-blaue Regierung 2019 umsetzen. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) verhinderte das. Dementsprechend gab sich auch Strafverteidiger Bernd Wiesinger am Montag skeptisch: „Jenes Gesetz, das der VfGH aufgehoben hat, hat die Aufklärung von bereits begangenen Straftaten betroffen. Noch viel strenger ist das Sicherheitsgesetz, was die Überwachung betrifft, wenn noch gar keine Straftaten begangen wurden.“

Aus dem BMI heißt es in dem Zusammenhang, dass man über die technische Umsetzung erst nach einer Anpassung der rechtlichen Grundlagen konkrete Aussagen treffen könne. Man würde sich jedenfalls strengstens an gesetzlichen Regelungen orientieren. M. Strohmayer

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