Übergangsregierung: Neuer Kandidat für Innenministerium

Übergangsregierung: Neuer Kandidat für Innenministerium
Oberösterreichs Landespolizeidirektor Andreas Pilsl könnte der letzte Baustein in der Übergangsregierung sein. Doch die FPÖ wehrt sich.

Die Übergangsregierung rund um Brigitte Bierlein - Bundeskanzlerin in spe - formiert sich. Von parteipolitisch unabhängigen Experten und Expertinnen kann eher nicht die Rede sein, sollten die gehandelten Namen allesamt zutreffen.

Die Landespolizeidirektion bestätigte gegenüber dem ORF am Sonntag, dass Landespolizeidirektor Andreas Pilsl neuer Innenminister und damit Nachfolger von Eckart Ratz wird. Zuletzt wurde spekuliert, dass der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofs sein Amt behalten könnte. Der 50-jährige Pilsl begann seine Laufbahn bei der Gendarmerie, wechselte 2000 ins Innenministerium unter dem damaligen Minister Ernst Strasser und arbeitete auch in den Kabinetten von Günther Platter und Liese Prokop.

Hinter der Personalie steht nun allerdings ein großes Fragezeichen, da sich die FPÖ in einer Aussendung gegen eine mögliche Bestellung Pilsls ausgesprochen hat. Er sei ein "Strasser-Mann" und die FPÖ wolle mit dieser Besetzung nur das Innenministerium wieder umfärben, hieß es von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Derart vehemente Reaktionen gab es zu keiner der bisher gehandelten Minister.

Finanz und Bildung

Wie der KURIER bereits berichtete, wird Eduard Müller - ÖVP-nahe - wird als neuer Finanzminister genannt. Er leitet aktuell die Sektion 1 im Finanzamt.

Nach übereinstimmenden Medienberichten wird außerdem Iris Rauskala das Bildungsministerium von Heinz Faßmann übernehmen. Die Wirtschaftswissenschafterin leitet derzeit die Präsidialsektion im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF). Laut Standard hatte die 41-jährige noch am Freitag ein Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg. Ihre politische Karriere begann unter Reinhold Mitterlehner, der sie 2015 ins Wissenschaftsministerium holte. Zuvor war Rauskala unter anderem an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften aktiv. Sie gilt in Fachkreisen als dynamisch und ehrgeizig.

Kemperle wohl neuer Verteidigungsminister

Neuer Verteidigungsminister soll laut KURIER-Informationen Christian Kemperle werden. Er wurde 2010 vom damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos zum Leiter der Sektion 1 ernannt und ist dementsprechend SPÖ-nahe.

Ganz allgemein hat es den Anschein, als würden die neuen Ministerposten proportional unter den stärksten Parlamentsparteien aufgeteilt werden. Das zeigen die folgenden Namen. Es stellt sich die Frage, inwiefern dann noch von einer "Expertenregierung" gesprochen werden darf oder ob es sich nicht eher um eine "Verwaltungsregierung" handelt.

Zarfl, Müller, Hufnagl, Stilling

Weiter im Text: Informationen der Presse zufolge soll Brigitte Zarfl, derzeit Sektionschefin für Soziales im Ministerkabinett, Ministerin für Soziales werden. Sie ist der SPÖ zuzuordnen. Für das Amt der Familienministerin ist derweil Ines Stilling vorgesehen. Im Bundeskanzleramt war sie zuletzt Leiterin der Sektion für Frauenangelegenheiten und Gleichstellung.

Als neuer Infrastrukturminister scheint FPÖ-Manager Hartwig Hufnagl festzustehen. Er wurde Anfang dieses Jahres zum Betriebsvorstand der Asfinag bestellt und war bereits im Kabinett Gorbach tätig - damals noch unter einem Bundeskanzler namens Wolfgang Schüssel.

Wirtschaftsministerium: Eine Dame aus dem Schüssel-Kabinett

Eine weitere Personalie, die heiß gehandelt wird, ist Elisabeth Udolf-Strobl - der KURIER berichtete. Sie übernimmt aller Voraussicht nach das Wirtschaftsministerium von Margarete Schramböck. Udolf-Strobl wurde bereits seit Tagen für diesen Posten gehandelt.

Ihre politische Karriere startete unter Ex-ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel. Sie war damals unter anderem im Wirtschaftsministerium für die Tourismus-Sektion zuständig. In der "Regierung Kurz" leitete sie die Sektion für "Kulturelles Erbe", eben im Schramböck-Ministerium, dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.

Wenig offiziell, aber Rendi-Wagner deutete es an

Die Hofburg wollte die Namen noch nicht bestätigen. Ein starkes Indiz lieferte allerdings SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Sie twitterte am Samstagvormittag: "Gerade hatte ich ein offenes und sehr vertrauensvolles Gespräch mit der designierten Kanzlerin Bierlein." Sie sei "sehr froh über Tempo und Professionalität" dieses Prozesses. Bestätigen könne sie auch, dass die Übergangsregierung "weiblicher" werde, sagte ihr Sprecher zur APA.

Zwei Namen hat die designierte Kanzlerin bereits selbst genannt. Clemens Jabloner, über zwei Jahrzehnte Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, wird nicht nur Justizminister, sondern auch Vizekanzler. Botschafter Alexander Schallenberg, derzeit Leiter der Europasektion im Bundeskanzleramt und enger Mitarbeiter von Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP), ist als Außen- und Europaminister vorgesehen. Der Rest der Regierungsmannschaft soll über das Wochenende ausgewählt werden.

 

Vorstellungstermin ist offen

Offen ist nach wie vor auch, ob sich die Übergangsregierung schon kommende Woche dem Parlament vorstellen wird. Sollte die Angelobung am Montag über die Bühne gehen, könnte es am Dienstag oder Mittwoch eine Präsidialsitzung geben und dann für Donnerstag oder Freitag eine Nationalratssondersitzung anberaumt werden.

Das ist aber noch alles in Schwebe. Faktum ist nur, dass je später die Angelobung ist, desto unwahrscheinlicher eine Sondersitzung wird, denn am 12. und 13. Juni findet ohnehin eine reguläre Sitzung statt, in der dann die Regierung vorgestellt werden könnte.

Auch auf einen Termin für die Neuwahl im September haben sich die Fraktionen noch nicht geeinigt. Die SPÖ bestätigte der APA zwar, dass sie den 29. September für am sinnvollsten halte, dass man sich darüber mit der FPÖ bereits geeinigt haben soll, dementierten aber beide Parteien. Es sei noch alles offen, sagte ein Sprecher von FPÖ-Klubobmann Norbert Hofer am Samstag zur APA. Man werde den Termin für die Nationalratswahl kommende Woche mit den Parlamentsparteien besprechen.

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