U-Ausschuss Tag 2: "Absurdes Theater" um das Ibiza-Video
Man stelle sich vor: seit einem Jahr ist das Ibiza-Video das meistgesuchte Beweismittel der Republik, dann wird das Objekt der Begierde endlich beschlagnahmt – und wie erfährt die Justizministerin Alma Zadić (Grüne) vom Fund? Mehr als einen Monat später „aus den Medien“, gesteht Zadić am Freitag vor dem U-Ausschuss. „Das ist ein absurdes Theater“, bilanziert der SPÖ-Abgeordnete Kai Jan Krainer.
„War überrascht“
„Auch ich war überrascht. Als die Medienberichte aufschlugen, liefen alle in mein Zimmer“, berichtet Zadić vom Mittwoch vergangener Woche, als das Innenministerium öffentlich über den Fund informierte. Ein Teil ihres Kabinetts wusste es schon 48 Stunden davor, sagte der Ministerin aber nichts.
Auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), der schon viel früher von seinem Kabinettschef über den Fund in Kenntnis gesetzt worden war, erwähnte das Video bei einem Gespräch mit Zadić nicht. Was auch nicht seine Pflicht sei, meint sie auf Nachfrage im U-Ausschuss.
Für ihr Informationsdefizit liefert die Justizministerin eine Erklärung mit – wenngleich diese auch wenig nachvollziehbar ist. Es sei „nicht wichtig“, wann sie vom Video-Fund erfährt. Eine Ministerin werde „nicht über jeden Ermittlungsschritt informiert. Das ist auch für die Unabhängigkeit der Justiz wichtig“, sagt sie. Relevant sei vielmehr, ob die Staatsanwaltschaft vom Bundeskriminalamt über die Sicherstellung informiert worden sei.
Und das ist passiert – und zwar mündlich am 21. April, einen Tag nach der Hausdurchsuchung. Am 23. April konnte sich die Staatsanwaltschaft Wien die ersten Sequenzen des Videos ansehen. Allerdings wartete die SOKO Tape einen Monat, um diesen Ermittlungserfolg auch schriftlich festzuhalten – was laut Gesetz aber innerhalb von 14 Tagen passieren müsste.
Welches Motiv steckt dahinter? Für einige Abgeordnete liegt der Verdacht nahe, dass die Staatsanwaltschaft und auch die Ermittler nicht wollten, dass der U-Ausschuss davon erfährt. Deshalb sei vorerst nur mündlich informiert worden.
Zwei Wochen warten
Eigentlich waren am Tag zwei des U-Ausschusses drei Milliardäre geladen, die im Ibiza-Video als Parteispender genannt worden waren. Sie sagten wegen des Covid-19-Risikos aber ab. Stattdessen kamen eben die Minister Nehammer und Zadić. Zwischen ihnen hatte es ein Hickhack gegeben, wer für das Abliefern des Videos an den U-Ausschuss zuständig sei.
Die Mandatare kämpfen bislang vergeblich um die Aufzeichnung der verhängnisvollen Nacht auf Ibiza, die die Regierungskoalition zwischen ÖVP und FPÖ im Vorjahr sprengte. Frühestens in zwei Wochen wollen die Behörden das Material an den Ausschuss abliefern. Unklar ist aber, was genau und wie viel.
Neos-Frontfrau Stephanie Krisper ist überzeugt, dass dem U-Ausschuss die Rohdaten zustehen. Zadić entgegnet, dass die Staatsanwaltschaft das Video erst zur Verfügung stellen könne, wenn das Beweismaterial gesichtet, die Relevanz festgestellt und auch sichergestellt ist, dass die Ermittlungen durch eine Offenlegung nicht behindert werden.
Seit 40 Tagen ist das Video in den Händen der Ermittler. Bis dato gibt es weder eine Abschrift noch eine Übersicht, kritisieren die Abgeordneten. „Wenn die Journalisten der Süddeutschen so langsam gearbeitet hätten, hätten wird das Video erst 2047 zu sehen bekommen“, wirft SPÖ-Abgeordneter Krainer wütend ein.
Nehammer hält dagegen: „Das Bundeskriminalamt muss das Video so auswerten, dass das auch für eine mögliche Gerichtsverhandlung brauchbar ist.“
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