U-Ausschuss: "Müssen nicht Everybody’s Darling sein“
Letzter Tag des Untersuchungsausschuss vor der Sommerpause. Stolze zwei Millionen Euro kostet die Durchführung. Allerdings ist das Schauspiel, das hier ebenso von den Auskunftspersonen wie von den Abgeordneten geboten wird, des Parlaments oftmals nicht würdig. Entschlagungen ohne Ende, fast unglaubliche Erinnerungslücken, verbale Ausrutscher und zum Finale auch noch das Wurstsemmel-Gate (das ein Käseweckerl war).
Die Dissonanzen innerhalb der Justiz standen gestern wieder am Programm. Dieses Mal mussten für die Familienaufstellung Maria-Luise Nittel, seit über zehn Jahren Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, und WKStA-Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic Rede und Antwort stehen. Nittel übte kaum Kritik an anderen Behörden – weder an den Ermittlern der SOKO Tape noch an den Kollegen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Im Gegenteil: Zur WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda verbinde sie eine kollegiale Freundschaft, sagte Nittel.
Anders zeigte sich das Bild bei Adamovic. Gleich zum Start definierte er sein Arbeitsmotto: „Die WKStA muss nicht Everybody’s Darling sein. Wir lassen uns nicht davon abbringen, wozu wir gesetzlich verpflichtet sind.“
Aussage gegen Aussage
Der WKStA-Staatsanwalt übte Kritik an der überbordenden Berichtspflicht der Staatsanwälte an die Oberstaatsanwaltschaft und das Ministerium, die viel Arbeitszeit blockiere. „Wir haben kein Problem mit der Fachaufsicht, aber die Berichte müssen sehr sorgfältig passieren, das dauert oft ein oder zwei Tage.“
Zwei unterschiedliche Einschätzungen existieren bei der Befangenheit der SOKO-Tape-Ermittler. Während die Staatsanwaltschaft Wien keine Befangenheit erkennen konnte, beharrte Adamovic darauf, dass die WKStA bei einem derartig prekären Fall keine „politisch Aktiven“ gewollt habe. Damit meinte er den Ermittler Niko R., der einmal für die ÖVP als Gemeinderat kandidiert hatte.
Daher habe man einen Bericht an die Oberstaatsanwaltschaft verfasst, in dem man dafür eingetreten sei, R. von den Ermittlungen abzuziehen. Man habe aber diesbezüglich keine Unterstützung durch die Oberstaatsanwaltschaft erhalten. Auch habe im August 2019 der damalige Justizminister Clemens Jabloner die Meinung vertreten, dass durch eine Parteimitgliedschaft nicht der Anschein einer Befangenheit begründet sei.
Geleaktes Material
Jeden Tag gibt es de facto einen neuen Skandal im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Adamovic hatte auch eine kleine Überraschung für die Abgeordneten mit. Der WKStA-Vertreter legte eine nicht öffentliche Unterlage mit ÖVP-Wasserzeichen vor, die der WKStA dieser Tage samt anonymem Schreiben auf einem USB-Stick geschickt wurde. Es handelt sich um einen SOKO-Sachstandsbericht zu den Ibiza-Ermittlungen vom Dezember 2019. Der anonyme Schreiber warnt die WKStA, dass der Sachstandsbericht an Journalisten verteilt worden sei, „um damit verdecktes dirty campaigning gegen die WKStA zu betreiben“.
ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl steht nun unter Beschuss, weil ihm vorgeworfen wird, vertrauliche Akten aus dem U-Ausschuss an Medien weiterzugeben.
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