"TV-Duelle sind Gladiatorenkämpfe"
Einmal geht’s noch. Es braucht dreimal fünf Runden, damit sich alle Spitzenkandidaten einmal im ORF- Studio zum High-Speed-Schlagabtausch (jede Konfrontation dauert nur 20 Minuten) begegnen können.
Bisher gab es alleine im ORF schon 200 Minuten „Jeder gegen Jeden“-Duelle. Nach den ORF-Sommergesprächen, die mitten im Hochsommer durchschnittlich 805.000 Zuseher vor die Bildschirme lockten (bei ÖVP-Altkanzler Sebastian Kurz waren sogar mehr als eine Million dabei), der nächste Quotenhit. Highlight der zehn Konfrontationen im ORF war das verbale Match zwischen FPÖ-Chef Norbert Hofer und ÖVP-Chef Sebastian Kurz. 997.000 Politik-Interessierte verfolgten die türkis-blaue Paartherapie. FPÖ-Chef Hofer trat für die Vergangenheitsaufarbeitung mit mehr als 39 Grad Fieber an.
Obwohl seit 5. August pro Woche rund drei Politik-Talks rund um die Nationalratswahl im TV auf dem Programm standen, nimmt das Interesse nicht ab. Die Gründe dafür ortet Meinungsforscher Peter Hajek vor allem im hohen Unterhaltungsfaktor.
Denn zwei Wochen vor der Wahl, in der heißen Phase, geht es nicht mehr um Wahlthemen und Inhalte – weder für die Kandidaten noch für die Zuseher. Es geht nur um die Fehler. Für die Kandidaten steht die Vermeidung dieser an oberster Stelle. „Für die Zuseher besteht die Faszination im Warten auf Fehler“, erklärt Hajek den Quoten-Dauerbrenner. Der Meinungsforscher vergleicht die Wahl-Duelle mit einem Gladiatorenkampf. „TV-Duelle sind Infotainment-Shows. Info und Unterhaltung.“
Inhalte spielen also keine Rolle? Schon in vergangen Konfrontationen wurde vermehrt über Schnittpunkte und Unterschiede zwischen den Parteien diskutiert statt über Inhalte. „Das ist logisch“, sagt Hajek. „In dieser Wahl ist die Zusammensetzung einer künftigen Regierung eine der interessantesten Fragen.“ Aber auch die Reaktionen der Kandidaten auf diese Frage sei wenig überraschend. „Kurz hält sich bedeckt, zu welcher Koalitionsmöglichkeit er tendiert, um keine Wähler zu verschrecken, die sich entweder eine Koalition mit Rechts oder eine mit Links wünschen“, erklärt der Meinungsforscher.
Denn die Wahl funktioniere nach dem Prinzip: „Politics by Polls“, sagt Hajek. Das bedeutet, dass man als Kandidat besonders auf Meinungsumfragen der Wähler hört und danach sein Programm erstellt.
Ersatzmann
Auch wenn die 20-minütigen Konfrontationen gute Quoten liefern, die Spitzenkandidaten sind mit den Hochgeschwindigkeitsdebatten weniger glücklich. „Mehr als zwei Themen bringt man pro Duell nicht durch. Denn in Wahrheit bleiben für die Kandidaten netto 16 bis 17 Minuten übrig“, sagt Grünen-Spitzenkandidat Werner Kogler. Für einen wie ihn, der gerne eine längere Argumentationskette entwickelt, ist das Format eine Herausforderung.
Auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger favorisiert die längeren Debatten. Kogler, Meinl-Reisinger und Pilz zogen nicht den Joker, sich von einem Parteikollegen vertreten zu lassen. Bei den ORF-Konfrontationen hat jeder Spitzenkandidat einmal die Möglichkeit, sich durch einen Ersatzmann vertreten zu lassen. Die drei großen Parteien nutzten diese Gelegenheit schon. FPÖ-Spitzenkandidat Norbert Hofer schickte seinen angriffigen Partei-Kompagnon Herbert Kickl zum Duell mit SPÖ-Chefin Rendi-Wagner. ÖVP-Chef Sebastian Kurz ließ beim Duell gegen Jetzt-Chef Peter Pilz EU-Abgeordnete Karoline Edtstadler für sich diskutieren. Gegen Pilz nutzt nun auch die SPÖ-Spitzenkandidatin diese Option und schickt Jörg Leichtfried. Allerdings tritt Rendi-Wagner gegen Kurz dann wieder in den Ring.
Diana Dauer
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