Türkis-Grün: Kurz und Kogler hatten ihre ersten Krachs
Der Friede hatte erstaunlich lange gehalten. Wahrscheinlich lag es auch an der Krisensituation, dass die ungleichen Partner fast vier Monate ohne Streit durchhielten. Aber mit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen entluden sich auch erste Emotionen zwischen Türkis und Grün: Sebastian Kurz und Werner Kogler haben ihre ersten Krachs hinter sich gebracht.
Streitfall Nummer 1 war Europa. Kurz opponiert in der EU gegen die Wiederaufbaufinanzierung für die Wirtschaft, wie sie von der EU-Kommission – im übrigen auch Budgetkommissar Johannes Hahn – sowie den großen Ländern Deutschland und Frankreich vorgeschlagen wird. Dass der Kanzler seine Haltung zur österreichischen Haltung erklärte, passte den Grünen gar nicht. Kogler deponierte dies bei Kurz, angeblich angereichert mit dem „freundschaftlichen Rat“, der Kanzler möge sich nicht zu weit hinauslehnen, denn da riskiere er eine Niederlage.
Zankapfel EU-Linie
Der Konflikt um die EU-Politik war zwar nicht heftig, aber ausgeräumt ist er – vom Prinzip her – nicht. Die ÖVP-Führung ist der Meinung, dass EU-Politik im Rat der Staats- und Regierungschefs Kanzlersache sei, für die Kurz keinen Ministerratsbeschluss und daher auch keine Abstimmung mit den Grünen brauche.
Dieses strikte Ressortprinzip – jeder macht in seinem Bereich, was er will – führte schnurstracks zum Streitfall Nummer 2. Und der war heftig. Anlass: Justizministerin Alma Zadic sägt gerade den ebenso mächtigen wie umstrittenen Sektionschef Christian Pilnacek ab, indem sie aus dessen Doppelsektion (Strafgesetzgebung und Aufsicht der Staatsanwälte) zwei macht.
Kurz rüffelte Zadic
Die Grünen begründen die Aktion sachlich: Die beiden Bereiche seien aus gutem Grund bis 2010 getrennt gewesen, weswegen man nun wieder Gewaltenteilung einführe. Kurz argwöhnte jedoch, den Grünen ginge es um die Person Pilnacek, und warf Zadic vor: Hätte die FPÖ auf diese Art jemanden abmontiert, hätte es einen Aufschrei gegeben.
In beiden Parteien werden dem KURIER sowohl die Krachs bestätigt, als auch betont, dass das Gewitter inzwischen vorüber sei. Seit Tagen arbeiten Türkis und Grün an den Projekten, die sie im Rahmen einer Regierungsklausur am Montag und Dienstag kommender Woche präsentieren wollen. Geplant sind weitere Unternehmenshilfen, Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, Steuerentlastungen und Investitionen.
Erstes Schreiduell mit FPÖ schon früher
Für Türkis-Grün wird es die zweite Regierungsklausur. Türkis-Blau hatte übrigens schon auf seiner ersten Regierungsklausur heftig gestritten, der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache hatte Kurz Schreianfälle geliefert.
Kommentare