Türkis-blaue Altlast: Spitze der Sozialversicherung mutmaßlich illegal im Amt

HAUPTVERBAND DER ÖSTERR. SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER ERÖFFNUNG DES NEUEN HAUSES
Brisantes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs stellt Rechtsverletzungen bei der Bestellung des Dachverband-Managements fest.

Der inkriminierte Vorfall liegt drei Jahre zurück, als die Regierung Kurz/Strache ihre Reform der Sozialversicherung durchzog. Seither fochten die Arbeitnehmervertreter in der Sozialversicherung einen juristischen Kampf, nun liegt dessen Ergebnis in letzter Instanz vor. Und das hat es in sich: Die Spitzenmanager des Dachverbands der Sozialversicherungen sind – mutmaßlich – seit Jahren rechtswidrig im Amt. Ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs wurde dem ÖGB am 14. Juli zugestellt, der es nun öffentlich macht. Und darum geht es:

2018 legte die damalige türkis-blaue Regierung die Krankenversicherungen zusammen und konzipierte dabei auch den Dachverband der Sozialversicherungen neu. An die Stelle der früheren Generaldirektion traten ein – euphemistisch genannter – „Büroleiter“ und dessen Stellvertreter. Wie üblich erhielten die beiden ein parteipolitisches Ticket: Büroleiter Martin Brunninger ein blaues, sein Stellvertreter Alexander Burz ein türkises.

Spielregeln gebrochen

Nunmehr stellt der Verwaltungsgerichtshof fest: Bei der Bestellung der beiden wurden mehrfach die gesetzlichen Spielregeln gebrochen. Die erforderliche Personenanzahl für die Abstimmung über die Spitzenmanager kam nicht zustande, Fristen zur Abstimmungsvorbereitung wurden nicht eingehalten, Einladungen an stimmberechtigte Mitglieder des Bestellgremiums wurden nicht oder zu spät verschickt, Bewerbungsunterlagen viel zu spät verteilt. Kurzum: Türkis-Blau drückte die Wunschkandidaten durch und bremste die Arbeitnehmervertreter in rechtswidriger Weise aus.

Trotz dieser Mängelliste sind Brunninger und Burz vorerst nur „mutmaßlich“ rechtswidrig im Amt. Der Grund: Das festzustellen obliegt nicht dem Verwaltungsgerichtshof, sondern dem Sozialministerium als Aufsichtsbehörde über die öffentliche Sozialversicherung.

Ingrid Reischl vom ÖGB und derzeitige Vorsitzende der Trägerkonferenz kündigt nun an, dass sie mit Sozialminister Johannes Rauch ein Gespräch führen werde.

Manager stehen infrage

Die Arbeitnehmervertreter, deren Mitbestimmungsrechte bei den Personalbestellungen 2019 derart verletzt wurden, gaben am Dienstag gemeinsam ein Hintergrundgespräch: Neben Reischl waren dies Andreas Huss und Peter Schleinbach. Sie betonten, dass man sich „ein Bestellungsverfahren, das jeder Beschreibung spottet“, nicht gefallen lassen dürfe. Schleinbach: „Die Sozialversicherung muss in guten Händen sein. Es geht hier um das Geld der Versicherten.“

Was das Geld der Versicherten betrifft, so ist einer der betroffenen Manager ohnehin nicht mehr im Dienst. Brunninger wurde von Reischl und deren Wirtschaftspendant in der Sozialversicherung, Peter Lehner, kürzlich suspendiert. Der Vorwurf: Er habe sich beim Veranlagen von Geldern nicht an Vorschriften gehalten. Brunninger wies dies zurück und quittierte daraufhin von sich aus den Job. Seither leitet Burz den Dachverband allein.

Nun steht auch dessen Handlungsfähigkeit infrage.

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