Warum die Milliarden-Hilfen der Bundesregierung nicht ausreichen werden

Warum die Milliarden-Hilfen der Bundesregierung nicht ausreichen werden
Corona und Ukraine-Krieg belasten Österreichs Budget massiv. Welche Kosten auf den Staat noch zukommen und welche Maßnahmen mittelfristig helfen sollen.

Sie ist traditionell die Zielvorgabe der ÖVP-Finanzpolitik: die „schwarze Null“. Seit März 2020 verunmöglichen die Corona-Krise und die Teuerung aufgrund des Ukraine-Kriegs ein ausgeglichenes Budget. Doch nicht nur Krisenkosten, sondern auch dringende Strukturreformen – Pflege, Klimaschutz, Heer – belasten den Staatshaushalt und erschweren die Budgetplanung. Wie teuer die Krisen bisher waren, was noch auf uns zukommt, wie Österreich international abschneidet: Der KURIER hat einen Kassasturz vorgenommen.

Welche Mehrausgaben für aktuelle Krisen belasten Österreichs Budget?

Ein Blick auf das aktualisierte Budget zeigt: Gegen die hohe Inflation und den Anstieg der Energiekosten hat die Bundesregierung bisher zwei Entlastungspakete in Höhe von 3,7 Milliarden Euro beschlossen. 2,1 weitere Milliarden fließen in die Katastrophenhilfe, die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge und den Ankauf strategischer Gasreserven. Auch der Covid-Krisenfonds wurde im Vergleich zum Herbst noch einmal aufgestockt. Alleine der Mehrbedarf für Testen und Impfen kostet 700 Millionen.

Warum die Milliarden-Hilfen der Bundesregierung nicht ausreichen werden

Gibt es Kosten, die noch nicht budgetiert sind?

Im Bundesfinanzrahmen fehlen mehrere Kostenstellen. Das Heeresbudget soll von 0,6 bis auf maximal 1,5 Prozent des BIP steigen – was Mehrkosten von 3,6 Milliarden Euro verursachen würde. Jeweils eine Milliarde für die Pflegereform und die Kindergärten sind ebenso nicht eingepreist.

„Gerade jene Budgetposten, die nicht von der Weltkonjunktur oder dem Krieg in der Ukraine abhängen, sollten seriös geplant werden“, kritisiert Günther Oswald, wirtschaftspolitischer Berater des Neos Lab, im KURIER. Der Budgetdienst sieht in seiner jüngsten Analyse des Finanzrahmens einen Mangel an Nachvollziehbarkeit: Die „den Budgetwerten zugrunde liegenden Mengen- und Wertegerüste bei den Auszahlungsänderungen“ würden weitgehend nicht erläutert.

Ist seriöse Budgetplanung im chronischen Krisenmodus überhaupt möglich?

Sie sei zumindest „sehr schwierig“, sagt WIFO-Steuerexpertin Margit Schratzenstaller. Wegen der Krisen werden Lieferketten immer wieder unterbrochen, was sich auf die Konjunktur und damit auf staatliche Einnahmen auswirkt. Notwendige Ausgaben für Reformen in Bereichen wie Pflege, Klimaschutz oder Bildung belasten das Budget zusätzlich. „Angesichts dieser langfristig steigenden Ansprüche an die öffentlichen Haushalte wäre es jetzt umso wichtiger, endlich die großen Strukturreformen im öffentlichen Sektor einzuleiten“, sagt Schratzenstaller. Der Gesundheits- und Bildungsbereich müsse etwa effizienter gestaltet, das Pensionsantrittsalter effektiv angehoben werden.

Welche weiteren Maßnahmen gegen die Teuerung sind nötig?

Die Regierung hat 3,7 Milliarden Euro in die Hand genommen, um Haushalte punktuell zu entlasten – darunter der Energiebonus in Höhe von 150 Euro pro Haushalt und der Teuerungsausgleich für sozial Schwache in Gesamthöhe von 300 Euro. „Vor allem für geringe Einkommen, die wenig Spielraum haben, braucht es noch weitere Maßnahmen, um die in den Bereichen Lebensmittel und Energiekosten stark gestiegenen Ausgaben zu decken“, sagt Schratzenstaller. Sozial treffsicher seien weitere einmalige oder temporärere Zahlungen an Haushalte mit geringen Einkommen.

Welche Maßnahmen setzen andere Staaten?

„Die meisten Länder helfen in einem viel geringeren Ausmaß oder diskutieren sogar noch über erste Maßnahmen“, sagt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Im europäischen Vergleich trifft dieser Befund zu. Die Regierung plant dennoch weitere kurz- und mittelfristige Entlastungen. Die Opposition fordert etwa ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel.

Welche Maßnahmen sollen mittelfristig folgen?

Geplant ist eine Abschaffung der kalten Progression, auch über eine Senkung der Lohnnebenkosten und der Tarifstufen wird diskutiert.

Wie steht Österreichs Konjunktur im internationalen Vergleich da?

Konjunktur-Prognosen ändern sich aktuell laufend. Oswald meint mit Blick auf die jüngere Vergangenheit: Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) würden zeigen, dass im OECD-Vergleich nur sieben Länder schlechter durch die Corona-Krise gekommen seien als Österreich. „Während die reale Wirtschaftsleistung in den meisten Ländern im Vorjahr bereits wieder über dem Niveau von 2019 war, lag sie in Österreich um 2,6 Prozent darunter.“ Bei den Wachstumsprognosen für 2022 liegt Österreich dafür im EU-Spitzenfeld.

Kommentare