Totschnig zu Renaturierungsgesetz: "Kommt praktisch einer Enteignung gleich"

Totschnig zu Renaturierungsgesetz: "Kommt praktisch einer Enteignung gleich"
Der Landwirtschaftsminister nennt das Vorhaben "überschießend" und "unrealistisch". Österreich sei bereits "ein Musterschüler" beim Umweltschutz.

Knapp aber doch hat das europäische Parlament am Mittwoch für den Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zur Wiederherstellung der Natur abgestimmt. Die Europäische Volkspartei - darunter auch die ÖVP - wetterte gegen das Vorhaben und befürchtet Nachteile für die Bauern. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) ist ebenfalls kein Freund des Renaturierungsgesetzes.

Am Donnerstag nennt er die Ziele der Kommission im Ö1-"Morgenjournal" "überschießend" und "unrealistisch".

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Man müsse zwar im Bereich der Naturschutzgebiete "besser werden". Der Entwurf des Renaturierungsgesetzes müsse aber kritisch hinterfragt und "auch die Konsequenzen für die Bauern" beurteilt werden. Totschnig ortet eine Gefährdung der Versorgungssicherheit, "weil der Entwurf vorsehen würde, Fläche aus der Nutzung zu nehmen".

Damit würde laut dem Landwirtschaftsminister weniger produziert und die Abhängigkeit erhöht. Auch das Enteignungsgespenst führt Totschnig erneut ins Treffen ("Das kommt ja praktisch einer Enteignung gleich"). Die Finanzierung des Renaturierungsgesetzes ist für ihn ebenfalls nicht ausreichend konkretisiert.

Wissenschafter haben sich für Gesetz ausgesprochen

Dass 6.000 Wissenschafterinnen und Wissenschafter just die Sorgen zu Versorgungssicherheit und Enteignung in einem offenen Brief zerschlagen, kontert Totschnig. Er habe den Brief gelesen und mit eigenen Experten - darunter u. a. Pflanzenbauer und Forstwirte - besprochen: "Und die sagen uns etwas ganz anderes." Wichtig sei nicht die Zahl der Kommentierenden. "In den Details liegt der Teufel versteckt."

Er betont, dass er "realistische" und "machbare Ziele" verfolgen möchte.

Wie viel Fläche soll wiederhergestellt werden?

Das Renaturierungsgesetz sieht vor, dass 20 Prozent des zerstörten natürlichen Gebietes wieder hergestellt werden. Totschnig betont, dass es sich hierbei um Meeres- und Landflächen der EU handelt. "Wie viel Fläche davon am Ende des Tages tatsächlich relevant ist, müsste dann, wenn einmal klar ist, wie der Entwurf ausschaut, auch gemeinsam mit der Europäischen Kommission ausverhandelt werden."

Inhaltlich kritisiert Totschnig weiter, dass die Europäische Union zur Feststellung der betroffenen Fläche einen Vergleichswert aus dem Jahr 1953, also vor 70 Jahren, heranziehen möchte. "Wie hat denn damals Österreich ausgeschaut?"

Wie viele Jahre er zurückblicken möchte und welches Flächenmaß ihm angemessen erscheint, konkretisiert der Landwirtschaftsminister nicht. Er schaue "prinzipiell nach vorne". Österreich sei "ein Musterschüler" beim Umweltschutz. Totschnig verweist etwa auf die Menge der Bio-Bauern in Österreich und Biodiversitätsflächen, "die der Größe Vorarlbergs entsprechen".

Bodenstrategie ist gescheitert

Dass die neue Bodenstrategie unlängst gescheitert ist und Österreich Meister im Bodenverbrauch ist, relativiert er: "Die Zahlen, die uns vorliegen, zeigen Österreich im europäischen Mittelfeld", so Totschnig. Mit der im Rahmen der österreichischen Raumordnungskonferenz ausgearbeiteten Strategie liege "erstmals in der Geschichte überhaupt eine Strategie auf dem Tisch, die konkrete Maßnahmen vorsieht, wie wir unser Ziel, die zweieinhalb Hektar Verbrauch bis 2030 erreichen können".

Er sei zuversichtlich, dass im Herbst die Finalisierung dieser Strategie erfolgt. 

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