Was Schmid der WKStA lieferte und was passiert, wenn Kurz freigesprochen wird

Thomas Schmid hat der WKStA sein Insider-Wissen aus seiner Zeit im Finanzministerium geliefert und ist jetzt Kronzeuge im Casag-Verfahrenskomplex. Was das für ihn bedeutet – und was seine wichtigste Aussage war, an der auch sein eigenes Schicksal hängen könnte.
Was genau hat Schmid der WKStA geliefert?
Schmid hat bei mehreren Einvernahme-Terminen im Sommer 2022 (und auch danach) unter anderem ausgesagt, dass bei Steuerverfahren von Siegfried Wolf und René Benko interveniert worden sein soll, als er Generalsekretär war. Zudem hat Schmid geschildert, wie Geld aus dem Finanzministerium in Umfragen und Inserate für den Boulevard gesteckt worden sein soll, um Sebastian Kurz bei seinem Aufstieg zum ÖVP-Chef zu unterstützen.
Was sagen die Kritiker?
Dass er von der Kronzeugenregelung ausgeschlossen sein sollte, weil zu dem Zeitpunkt ja schon gegen ihn ermittelt wurde und es gegen ihn auch Zwangsmaßnahmen (eine Hausdurchsuchung 2019) gab. Ein Kronzeuge muss ja „freiwillig“ an die Staatsanwaltschaft herantreten. Zudem habe er im Wesentlichen nur bestätigt, was die WKStA schon wusste, und ein Kronzeuge soll ja bedeutende neue Sachverhalte offenbaren, heißt es von Beschuldigtenvertretern.
Was ist an der Kritik dran?
Strafrechtsprofessor Robert Kert von der WU Wien kann die Kritik der Verteidiger zwar nachvollziehen, weil Schmid eine zentrale Figur im Verfahrenskomplex ist – und dass ein Haupttäter straffrei wird, ist umstritten.
Er hält die Vorgehensweise der WKStA aber jedenfalls für „rechtlich vertretbar“, einen Ausschluss von führend beteiligten Personen kennt das Gesetz nicht, wie er erklärt.
Warum hat die Prüfung so lange gedauert?
Die WKStA hat die Angaben Schmids geprüft – und das war schon eine Menge. Dass die spätere Prüfung der Fachaufsicht im Justizministerium noch einmal mehrere Monate gendauert hat, erklärt sich Kert damit, dass es tatsächlich eine rechtlich schwierige Frage gewesen sei – und die Folgen für weitere Verfahren mitbedacht werden mussten: „Der Anwendungsbereich wurde jetzt deutlich erweitert gegenüber dem, was bisher Usus war.“
Was nützt Schmid der Kronzeugenstatus?
Dass er nicht bis zu zehn Jahre ins Gefängnis muss – was ihm bei einer Verurteilung wegen Untreue bzw. Korruption gedroht hätte. So kommt Schmid mit einer Diversion davon. Er muss 260.000 Euro zahlen, davon 200.000 Euro als Teil einer Wiedergutmachung des Schadens, den er mitverursacht hat.
Im Kartellrecht gibt es die Kronzeugenregelung seit 2006 für Unternehmen, seit 2011 im Strafrecht. Zuletzt wurde sie 2021 für fünf Jahre verlängert.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, dann tritt die Staatsanwaltschaft „vorläufig“ von der Strafverfolgung zurück und fordert Leistungen, etwa ein Bußgeld. 56 Fälle gab es seit 2017.
Wird die Leistung erbracht, erfolgt eine „Einstellung unter Vorbehalt späterer Verfolgung" (11 Fälle).
Ein „endgültiger Rücktritt“ erfolgt, wenn alles abgeschlossen ist (19 Fälle).
12 Ablehnungen gab es seit 2017, weil die Voraussetzungen für die Kronzeugenregelung nicht erfüllt waren.
Wie könnte er den Status wieder verlieren?
Wenn sich im Laufe des Verfahrens – bis hin zum Prozess – herausstellt, dass er falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat, oder aufhört, mit der WKStA zu kooperieren. Die Behörde tritt ja nur „unter Vorbehalt“ von der Strafverfolgung zurück.
Welches Gewicht hat ein Kronzeuge vor Gericht?
Die Tatsache, dass nicht nur die WKStA geprüft und Schmid als Kronzeuge für tauglich gehalten hat, sondern auch Fachleute in der Oberstaatsanwaltschaft und im Justizministerium sowie der Weisungsrat, spricht für seine Glaubwürdigkeit – und gibt ihm einen Startvorteil bei einem etwaigen Prozess. Kert gibt aber zu bedenken: „Ein Richter könnte vielleicht gerade bei einem Kronzeugen noch genauer schauen, weil er ja – anders als ein gewöhnlicher Zeuge – eine Motivation hat, in bestimmter Weise auszusagen. Er profitiert ja davon.“
Was, wenn Kurz am Ende freigesprochen wird?
Eine der zentralen Aussagen von Schmid war, dass Kurz hinter dem Beinschab-Tool steckt. Dass er also nicht nur wusste, dass Steuergeld veruntreut wird, sondern dass er den Auftrag gegeben hat. „Wenn sich im Prozess herausstellen sollte, dass es nicht stimmt, dass Kurz davon wusste, dann könnte es für Schmid eng werden.“ Dann nämlich wäre der Gehalt seiner Kronzeugenaussage deutlich geringer als gedacht. Wann es zu einem Prozess kommt, ist aber völlig offen.
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