Strompreise: Wie die Teuerung gedeckelt werden soll

Strompreise: Wie die Teuerung gedeckelt werden soll
Türkis-Grün denkt darüber nach, die Stromrechnung zu reduzieren. Wie das gelingen soll und warum noch viele Fragen offen sind.

Zuerst forderte es die Opposition, später die Landeshauptleute und Gewerkschaft, nun denkt auch die türkis-grüne Regierung – ohne Zeitdruck – laut darüber nach: Die Stromrechnung könnte aufgrund der explodierenden Energiepreise einen Deckel bekommen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hält eine Umsetzung „ab Herbst“ für möglich.

Im Zentrum der Überlegungen steht ein Vorschlag von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr: Die Energierechnungen sollen begrenzt werden, gleichzeitig aber so teuer bleiben, dass sie einen Anreiz zum Energiesparen bieten. Die Rechnung eines Durchschnittshaushaltes soll im Vergleich zum Vorjahr nicht stärker als 10 bis 20 Prozent steigen. Dieser Anstieg würde weit unter dem Wert der aktuellen Teuerung liegen. Im Mai sind die Energiepreise laut der Energieagentur um rund 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Bei einem Deckel für den Kunden entgehen wiederum dem Energieversorger Einnahmen. Offen ist, ob und wie diese den Versorgern ersetzt werden sollen. Auch möglich: Die Kunden bezahlen die gesamte Rechnung und bekommen einen Anteil staatlich ersetzt.

Viele Hürden

Grundsätzlich gilt: Spruchreif ist zur Stunde noch nichts. Finanzministerium, Klimaschutzministerium und Wifo feilen an einem Modell, das gerecht und einfach umsetzbar sein soll. Und hier gibt es gleich mehrere große technische sowie rechtliche Hürden. Laut Wifo-Vorschlag sollen zum Beispiel nur Hauptwohnsitze gefördert werden. Zudem müsse man der Gerechtigkeit halber berücksichtigen, wie viele Personen in einem Haushalt leben, um niemanden zu überfördern.

Diese personenbezogenen Daten liegen den Energieversorgern aber nicht vor. Es bräuchte also eine Verknüpfung der Daten der Energieversorger mit dem Melderegister. Auch weitere wichtige Details sind offen. Etwa, für welchen Zeitraum die Regelung gilt – sie soll dem Vernehmen nach zeitlich begrenzt bleiben – und welche Menge den Grundbedarf definiert. Zudem haben etwa Besitzer von Wärmepumpen einen erhöhten Stromverbrauch, der gleichzeitig aber in erneuerbare Energie fließt. Will man diese Personen nicht für ihren Mehrverbrauch bestrafen, muss eine Sonderregelung gefunden werden.

Für und Wider

Die gemeinnützige Energieagentur Österreich kann sich eine Kompensation für Kunden grundsätzlich vorstellen. „Der sich derzeit in Diskussion befindliche Vorschlag ist eine Maßnahme, die grundsätzlich dazu geeignet ist, sowohl einen Ausgleich für Haushalte zu schaffen und dennoch Anreize zum Energiesparen zu setzen“, hieß es gegenüber der APA.

Es gibt aber auch Bedenken, wie die Idee umsetzbar ist: „Wenn man sich beispielsweise auf den Verbrauch des Vorjahres bezieht, können Änderungen eingetreten sein, wie etwa der Ankauf eines Elektroautos, die Geburt eines Kindes oder Ähnliches.“ Darüber hinaus seien die Preisdifferenzen zwischen den Haushalten extrem hoch, etwa bei Bestandskunden und neuen Verträgen.

Neben dem Wifo hat auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) einen Vorschlag präsentiert. Strom- und Gaspreise sollen für Kunden gedeckelt und gleichzeitig Übergewinne von Energieversorgern abgeschöpft werden. Nehammer und ÖGB-Chef Wolfgang Katzian treffen sich dazu diese Woche zu einem Vier-Augen-Gespräch.

Eine allgemeine Preiskommission, wie sie Katzian am Montag wiederholt forderte, ist derzeit nicht geplant. Die Gewerkschaften denken andererseits nicht darüber nach, aufgrund eines Strompreisdeckels ihre Forderungen bei den Lohnverhandlungen im Herbst hinunterzuschrauben.

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