Steuersenkung: ÖVP nominiert vier Experten für Reformgruppe

Finanzminister Spindelegger: Der ÖVP-Chef will beim Thema Reformen mit der SPÖ nun „Tacheles“ reden.
Im Entlastungsstreit will die ÖVP in die Offensive kommen. In der Partei gärt es allerdings gewaltig.

Der Haussegen in der Regierung? Er hängt schief. Die Stimmung in der ÖVP? Sie war wohl schon besser, geschlossener – und schuld daran bleibt die Steuerreform.
Nachdem kürzlich ÖVP-Gewerkschafter und der Parlamentarier Werner Amon ausgerückt waren, um Parteichef Michael Spindelegger zu einer raschen Steuerreform zu drängen, stellten sich am Sonntag mehrere steirische ÖVP-Abgeordnete an die Seite der Spindelegger-Kritiker.
Ex-Justizministerin Beatrix Karl drängte auf eine rasche Steuerentlastung; und Fritz Grillitsch erklärte im Standard – ebenso wie Bernd Schönegger – klare Sympathie für eine Millionärsabgabe "für die Haselsteiners und Flicks".

Spindelegger: "Faymann unehrlich"

Der ÖVP-Chef blieb nicht untätig: Zunächst wies er Amon & Co in die Schranken – von diesen Parteifreunden sei noch kein "ernst zu nehmender Vorschlag" gekommen, wie eine Steuerreform finanziert werden könne.

Und bei der Gelegenheit verschärfte er in Richtung SPÖ den Ton: Wenn Werner Faymann wegen einer verlorenen EU-Wahl "plötzlich zum großen Kämpfer" werde, so sei das "unverantwortlich und unehrlich". Der Vizekanzler mahnte Faymann in der Kleinen Zeitung, "nicht nur den SPÖ-Chef zu spielen, er sollte sich wieder auf seine Rolle als Kanzler besinnen".

In der Sache versuchte Spindelegger mit einer personellen Entscheidung zu punkten: Der ÖVP-Chef bestätigte dem KURIER, dass die ÖVP-Experten für die Steuerreformgruppe fix sind. Sie heißen Andreas Zakostelsky, Bernhard Gröhs, Heinz Harb und Alfred Heiter. Die Genannten sind in der ÖVP keine Unbekannten. Zakostelsky ist VP-Finanzsprecher, Heiter Chef der Abteilung Finanzpolitik in der Industriellenvereinigung.

Und Gröhs war vor zwei Jahren für Spindelegger aktiv, als er das Projekt "Unternehmen Österreich 2025" betreute.

Die SPÖ hält den Druck für eine Steuerreform aufrecht. Nach Kanzleramtsminister Josef Ostermayer in der ORF-Pressestunde am Sonntag drängt nun auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser im Ö1-Morgenjournal auf eine Entlastung der kleineren Einkommen und Vermögenssteuern. Das würde den Konsum ankurbeln und der Wirtschaft nützen, so Kaiser.

Was ist bei der Steuerreform nötig? Nachdem Karl Aiginger im Sonntag-KURIER argumentiert hat, warum er noch 2014 ein Entlastungssignal setzen würde, erklärt der WIFO-Chef in einem zweiten Schritt, wieso die Abgabenquote im internationalen Vergleich zu hoch ist – und warum man die kalte Progression mildern muss:

KURIER: Ist Österreich ein „Hochsteuer-Land“ – oder ist nur der vergleichsweise hohe Eingangssteuersatz ein Problem?

Karl Aiginger: Österreich ist eines der fünf Länder Europas mit der höchsten Abgabenbelastung und eines der drei mit der höchsten Belastung des Faktors Arbeit. Ein mittlerer Einkommensbezieher ohne Kinder hat fast 50 % Abzüge für jeden zusätzlich verdienten Euro, und bezahlt von dem Netto-Einkommen noch einmal Verbrauchssteuern. Die Staatsausgaben machen heute schon mehr als 50 Prozent der Wirtschaftsleistung aus und dennoch können 20 Prozent der Jugendlichen nicht sinnerfassend lesen.

Ist die kalte Progression ein relevantes Problem? Immerhin sagt Deutschlands Finanzminister, es handle sich um ein finanzpolitisches Nebengleis.

Das ist deutscher Zynismus. Wenn jahrelang keine Wohlfahrtsgewinne eintreten, obwohl die Wirtschaft durch die Leistungen hoch qualifizierter Arbeitskräfte erfolgreich ist, dann kann man das nicht als Nebenschauplatz bezeichnen.

Die SPÖ und andere wollen die steuerliche Entlastung von Arbeit durch eine Millionärs- bzw. Vermögenssteuer ermöglichen. Würde damit die von der OECD kritisierte Abgabenquote nicht noch weiter steigen?

Die wichtigste ungenutzte Steuerquelle wäre eine Null-Toleranz bei Steuerbetrug, dann kommt die Schließung halb legaler Steuerschlupflöcher. Wenn dadurch die Abgabenquote steigt, so sollte das durch eine stärkere Entlastung der Lohnsteuern und der Lohnnebenkosten korrigiert werden. Die milde Behandlung der Selbstanzeigen ist unverständlich, ein erster Schritt ist auf Initiative von Staatssekretärin Steßl gesetzt – Österreich kooperiert endlich stärker bei der Meldung internationaler Geldflüsse. Bei vermögensbezogenen Steuern sind Schritte bei der Grundsteuer, bei Schenkungen und Erbschaften möglich. Auch hier vor allem beim privaten Grundbesitz, der weder für die eigene Wohnung noch für betriebliche Tätigkeit genützt wird. Große Einnahmen sind bei Vermögenssubstanzsteuern ohne internationale Koordination nicht möglich, ebenso wie zusätzliche Steuervorteile für Familien eher eine politisch Ansage darstellen. Beide Forderungen dienen der ideologischen Differenzierung von Parteien, und haben einen berechtigten Kern. Die Ungleichheit von Lebenschancen durch Erbschaften ist ungerecht und die Kinderzahl hebt die Armutsgefährdung.

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