SP für "rückwirkende Steuerreform"

Bundeskanzler Werner Faymann und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer.
Streit um Zeitpunkt: Faymann und Ostermayer meinen, die Entlastung könne auch rückwirkend in Kraft treten.

Wann kommt die Steuerreform? Diese Frage bestimmt derzeit die politische Diskussion im Land – auch bei der sonntäglichen Pressestunde war dies nicht anders. Dort fragten Isabelle Daniel (Tageszeitung Österreich) und Wolfgang Geier (ORF) bei Kanzleramtsminister Josef Ostermayer nach: „Wir haben mit den Arbeiten begonnen“, antworterte er.

Jedoch: Der genaue Zeitpunkt sei nicht ganz so erheblich, denn es gebe die Möglichkeit einer rückwirkenden Steuerreform. Man könne den Zeitpunkt des Inkrafttretens auch vor dem Beschluss datieren – wenn man sich also erst Mitte 2015 einige, könne das Gesetz dennoch mit Beginn des schon laufenden Jahres wirken. Damit wäre die laufende Debatte über den richtigen Zeitpunkt beendet.

Ein Vorschlag, den auch SP-Kanzler Faymann schon gemacht hat – auch er plädierte im Interview mit Österreich dafür. Die Entlastung müsse aber jedenfalls 2015 kommen, sagt er dort: „Es ist Zeit, wieder eine zu machen. Wir haben dafür eine breite Zustimmung. Nur in Diktaturen spielt das keine Rolle. In Demokratien setzt sich die Mehrheit durch."

Steuerreform als Koalitionsfrage?

Was den noch nicht ganz so willigen Koalitionspartner angeht, so zeigt sich Faymann zuversichtlich. Die ÖVP habe auch in der vergangenen Periode eine Steuerreform zunächst abgelehnt, dann aber mitgestimmt. Ostermayer verwies auf konkrete Schritte: „In den nächsten zwei Wochen werden wir die Expertengruppe einsetzen“.

Dass es dennoch noch gröberen Krach mit der VP in dieser Frage geben werde, glaubt Ostermayer nicht. Die Aussage von Burgenlands Landeshauptmann Niessl, der im Presse-Interview meinte, wenn die Reform 2015 nicht komme, habe diese Koalition keinen Sinn mehr, will Ostermayer so nicht unterschreiben. „Man muss natürlich immer reflektieren“, sagt der Kanzleramtsminister – aber deshalb nicht gleich alles infrage stellen.

Knackpunkt Millionärssteuer

Auch die Frage der Finanzierung der Reform könnte sich als schwieriger Verhandlungspunkt mit der VP erweisen – doch auch hier zeigt sich Ostermayer zuversichtlich: „Es gibt auch in der ÖVP etliche Stimmen, die für vermögensbezogene Steuern eintreten, als Kompensation für die Entlastung auf der Faktor Arbeit.“ Ostermayer rechnet dabei mit Einnahmen in der Höhe von zwei Milliarden Euro – ein Wert, der allerdings doppelt so hoch ist wie jener vom Finanzministerium prognostizierte.

Keine Bewegung in Sachen Steuerreform zeigte sich in den Reaktionen auf die ORF-Pressestunde mit Kanzleramtsminister Josef Ostermayer. Die ÖVP packte wieder den "Populismus"-Vorwurf aus, die Wirtschaftskammer bekräftigte das Nein zu Vermögenssteuern. FPÖ und Grüne nützten den Anlass, um der Regierung insgesamt Untätigkeit vorzuhalten.

ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel erinnerte in einer Aussendung an die EU-Wahlschlappe der SPÖ - und warf dem Koalitionspartner vor, darauf mit "populistischen Ansagen" zu reagieren. Er blieb bei der ÖVP-Position: "Wir brauchen eine ehrliche Steuerentlastung durch Reformen und nicht durch neue Steuern und Schulden" - und forderte die SPÖ auf, "über ihren Schatten zu springen und echte Reformen anzugehen".

"Politischer Populismus"

Diese Linie vertrat auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Er warf der SPÖ für ihre Forderung nach einer Gegenfinanzierung mit Vermögenssteuern ebenfalls "politischen Populismus" vor. Eine "Millionärssteuer" würde "in Wahrheit" den Mittelstand treffen, vor allem Betriebe, aber auch Wohnungs- und Hausbesitzer, meinte er in einer Stellungnahme. Leitl wandte sich gegen eine "Reform auf Pump". Eine Steuerreform müsse durch eine "grundlegende Verwaltungsreform" erarbeitet werden: Jährlich einige Milliarden könne man durch Strukturreformen bei Pensionen und Gesundheit sowie die Streichung von Doppel- und Mehrfachförderungen einsparen.

Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner stellte in einer Aussendung klar, dass "zwei AK-Präsidenten nicht die Parteilinie" der ÖVP ändern würden. Die angesprochenen - von der ÖVP gestellten - Arbeiterkammer-Präsidenten Tirols und Vorarlbergs haben für eine Volksbefragung über die baldige Steuerentlastung plädiert und halten Vermögenssteuern (für Vermögen über eine Million Euro) für ein taugliches Mittel der Gegenfinanzierung.

Subventionsdschungel

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sieht andere Möglichkeiten der Gegenfinanzierung: Österreich leiste sich einen "15 Milliarden teuren Subventionsdschungel, unzählige Sozialversicherungsträger und eine hohe Steuerbelastung, die Schwarzarbeit fördert samt eine Massenzuwanderung billiger Arbeitskräfte, was unser Sozialsystem belastet". Wäre die Bundesregierung da nicht "so untätig", würde sich eine Steuerreform um ein Vielfaches gegenfinanzieren, meinte er in einer Aussendung.

Grünen-Vizechef Werner Kogler erinnerte daran, dass "Rot und Schwarz erst kürzlich gemeinsam im Parlament beschlossen haben, in Sachen Steuerreform vor 2016 genau gar nichts zu machen". Dass Ostermayer heute die Aussagen wiederholt habe, die die SPÖ seit Tagen "vom Kanzler abwärts herunterbetet", erhöhe die Glaubwürdigkeit nicht.

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