Sterben – ein Spießrutenlauf?

Sterben – ein Spießrutenlauf?
Seit 2022 ist assistierter Suizid erlaubt. Doch die Hürden sind zu hoch, beklagen Betroffene. Die Höchstrichter müssen also zum zweiten Mal über ein höchst brisantes Thema entscheiden.

Nikola Göttling und Stefan Mezgolits können an diesem Donnerstag nicht im Verfassungsgerichtshof (VfGH) sprechen. Ihr Gesundheitszustand lässt ein persönliches Erscheinen nicht zu. Und dennoch finden ihre Stimme an diesem Tag bei den Höchstrichtern Gehör. Die Wienerin und der Burgenländer leiden an Multipler Sklerose. Es gibt keine Chance auf Heilung oder Besserung. Mezgolits kann das Bett seit 2017 nicht mehr verlassen. Was die beiden eint: Sie wollen selbst entscheiden, wann sie sterben.

Vor vier Jahren entschied der VfGH, dass Beihilfe zum Suizid nicht mehr automatisch strafbar ist. In Kraft trat die neue Bestimmung am 1. Jänner 2022. Seither haben zumindest 181 Menschen einen assistierten Suizid in Anspruch genommen. Eine genaue Zahl liegt nicht vor, nicht jeder Fall wurde entsprechend registriert.

Doch die bestehende Regelung hat nach Ansicht von Kritikern Schwächen – und die sind am Donnerstag bei einer öffentlichen Verhandlung der Höchstrichter Thema.

Ablehnende Ärzte

„Der Gesetzgeber hat immense Hürden geschaffen“, meint Rechtsanwalt Wolfram Proksch. Für Betroffene sei der Wunsch, selbstbestimmt und würdevoll zu sterben, „oft ein Spießrutenlauf“. Unter anderem deshalb, weil Ärzte ohne Angabe von Gründen die Unterstützung verweigern können. In Spitälern gebe es Dienstanweisungen, dass Ärzte diese Leistung nicht anbieten dürfen.

Christina Kaneider – sie ist Palliativmedizinerin und Geschäftsführerin der Österreichischen Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL) – beobachtet, dass „Patienten kaum zu Informationen kommen. Wenn sich der Hausarzt weigert, ist für viele schon Schluss. Die Angehörigen werden mit dem Patienten allein gelassen.“ 

Sterben – ein Spießrutenlauf?

Palliativmedizinerin Kaneider erlebt Hürden

Die aktuelle Regelung sieht vor, dass der Patient das tödliche Medikament selbst zu sich nehmen muss. Doch nicht jeder Schwerkranke ist dazu in der Lage. „Das bedeutet großen Stress für mich. Wäre es möglich, dass mir jemand anderer beim Sterben hilft, wäre das für mich lebensverlängernd“, schilderte die betroffene Nikola Göttling bereits vor einem Jahr dem KURIER.

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