Stelzer: "Halte nichts davon, politisch gegen Institutionen zu agitieren"
Oberösterreichs Landeshauptmann (ÖVP) sprach mit den Bundes-Türkisen Klartext, was die Angriffe auf die Justiz betrifft. Wie er nun seinen Wahlkampf anlegt.
In Oberösterreich wird am 26. September der Landtag gewählt. Was Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) für die Zukunft seines Bundeslandes will, was er von Kickl hält und warum man ihm in Sachen Klimaschutz nichts erklären muss, erzählt er im KURIER-Interview.
KURIER: In Linz hängen Plakate von Ihnen: „Zeit für Zuversicht“, steht da. Ist die Zeit der Corona-Krise schon vorbei in Oberösterreich?
Thomas Stelzer: Wir haben einen tollen Start aus der Krise heraus – wir haben schon jetzt mehr Beschäftigung als vor Corona und das stärkste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer. Das ist schon sehr erfreulich. Corona ist leider nicht vorbei. Wir sind sehr dahinter, die Impfungen voranzutreiben, damit die Entwicklung so weitergehen kann.
Wie sieht es mit Ihrer Zuversicht für den Wahlkampf aus?
Wir werden den Wahlkampf sehr beschränken, nach meinem Geschmack auf den September. Die Leute wollen, dass wir Corona im Griff haben und dass ihre Arbeitsplätze gesichert sind. Das ist meine Aufgabe.
Bis zum Herbst könnten die Anklagen gegen Kanzler Kurz oder Finanzminister Blümel vorliegen. Haben Sie Sorge, dass sich das Stimmungsbild negativ auf Ihren Wahlkampf auswirkt?
Bei der Oberösterreich-Wahl geht es um die Frage: Wem trauen die Wähler zu, das Land in dieser herausfordernden Zeit zu führen? Was die Bundespolitik betrifft, da haben wir schon alle möglichen Schwankungen und Stimmungen überstanden. Aber ja, es stimmt: Rückenwind hat es schon einmal mehr gegeben.
Thomas Stelzer,
geboren 1967 in Linz, ist seit April 2017 Landeshauptmann von Oberösterreich. Er übernahm das Amt von Josef Pühringer, dessen Stellvertreter er zuvor war.
Landtagswahl 2015
Die ÖVP (damals noch mit Pühringer als Spitzenkandidat) erreichte 36,4 Prozent der Wählerstimmen und verzeichnete damit ein Minus von 10,4 Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl 2009. Die FPÖ wurde 2015 - im Jahr der großen Migrationswelle - mit 30,4 Prozent (plus 15,1 Prozentpunkte) zweitstärkste Kraft.
Ende von Schwarz-Grün
Pühringer hatte zwölf Jahre lang mit Rudolf Anschober regiert, nach dem Absturz der ÖVP hatte Schwarz-Grün aber keine Mehrheit mehr. Die ÖVP paktierte deshalb mit der FPÖ von Manfred Haimbuchner. Weil in OÖ aber Proporz herrscht, haben auch Grüne und SPÖ Regierungsämter.
Aktuelle Umfragen
In Umfragen liegt die ÖVP im Land derzeit auf 38 bis 39 Prozent, die FPÖ verliert stark und liegt in etwa gleichauf mit der SPÖ bei 20 bis 21 Prozent. Die Grünen liegen bei 12 Prozent, die Neos bei 6 Prozent.
Wie man hört, sind kaum gemeinsame Auftritte mit dem Kanzler geplant. Kapselt sich Ihre Landes-ÖVP ab?
Ich bin sehr froh, dass die ÖVP den Bundeskanzler stellt. In Oberösterreich sind wir die treibende Kraft. Wir haben uns nie verbogen oder umgefärbt, weil wir eine sehr klare Linie und Grundwerte haben. Wir werden die oberösterreichischen Themen und Personen in den Vordergrund stellen.
Und Kurz und Blümel in den Hintergrund?
Es gibt viele inhaltliche Fragen, wo wir gut mit dem Bund zusammenarbeiten.
Wenn es eine Anklage gibt, müssen Kurz und Blümel dann zurücktreten?
Der Herr Bundeskanzler hat klar gesagt, dass er nicht zurücktreten wird. Ich glaube ihm, wenn er sagt, dass es zu keiner Verurteilung kommen wird. Das gilt für alle unsere Spitzenrepräsentanten.
Und was, wenn sie doch verurteilt werden?
Wie gesagt: Ich glaube dem Kanzler und daran, dass es zu keiner Verurteilung kommen wird.
Sie haben sich kürzlich erstaunlich scharf über die Angriffe der Bundes-ÖVP auf die Justiz geäußert ...
Ich finde es erstaunlich, dass man das erstaunlich findet. Ich habe nur gesagt, was in der Verfassung steht und was ich persönlich lebe. Ich halte viel davon, die Verfassung und die Institutionen zu respektieren – auch, wenn es einmal nicht positiv ist.
Vermissen Sie diesen Respekt bei Klubchef August Wöginger oder U-Ausschuss-Mandatar Andreas Hanger?
Ich halte nichts davon, politisch gegen staatliche Institutionen zu agitieren. Und die Herrschaften, die das meinem Empfinden nach getan haben, die haben das auch von mir erfahren.
Wenn ich Ihnen jetzt Ihr Handy abnehme – wäre Ihnen das unangenehm oder löschen Sie eh Ihre Chats?
Ich mag es übersichtlich, deshalb lösche ich regelmäßig meine eMails. Aber auch sonst hätte ich kein Problem. Wobei ich schon sagen muss: Der Schutz der Persönlichkeitsrechte gehört auch zum Respekt vor Institutionen. Da gibt es durchaus Verbesserungsbedarf.
Dieser Stil, dieser Hass, der da auf Bundesebene gebracht wird, ist etwas, das ich mir in Oberösterreich weder vorstellen kann, noch will.
Stört das Ihr Verhältnis zu Manfred Haimbuchner, Vize-Landeshauptmann der FPÖ?
Die oö. FPÖ hat, soweit ich weiß, in Linz ihre Zentrale. Diese Partnerschaft hat die vergangenen sechs Jahre sehr gut und vertrauensvoll funktioniert – auch in der schwierigen Corona-Zeit.
Werden die Grünen jetzt attraktiver für eine Koalition?
Die Frage ist: Gelingt es uns, ein starker industrieller Produktionsstandort zu bleiben, der auch den Klimaschutz ernst nimmt. Dafür werden wir einen Partner suchen und auch finden. Aber es gibt von uns vor der Wahl keine Festlegung.
Das klingt schon so, als würden die Grünen gut passen ...
Oberösterreich ist schon sehr weit. Wir sind ein Industrieland, aber nirgends auf der Welt wird ein so sauberer Stahl produziert wie in Linz. Den Klimaschutz muss uns niemand erklären.
Und was halten Sie von den Grünen in der Bundesregierung?
Die Ziele zur erneuerbaren Energie sehen wir sehr ähnlich, da sind wir in Oberösterreich auch schon sehr weit. Ein Zugang, den ich ganz und gar nicht teile, ist es, den Klimaschutz mit Strafen und Zusatzzahlungen zu verbinden. Daher lehne ich eine Spritpreiserhöhung ab. Oberösterreich ist ein Land der Pendler, bei uns müssen jeden Tag Tausende Leute zur Arbeit fahren. Denen kann ich den Klimaschutz mit solchen Aktionen nicht schmackhaft machen.
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