Und deswegen wollen die Wirtschaftsvertreter, dass in der neuen ÖGK ein schärferer Wind bei der Krankenstandskontrolle weht. Ein Teil des Minus soll durch Missbrauchsbekämpfung hereinkommen, sagten die Wirtschaftsbündler gegenüber dem KURIER in einem Hintergrundgespräch am Donnerstag.
Sie wollen morgen, Dienstag, Vorschläge zur Missbrauchsbekämpfung einbringen und hoffen, sich mit der Gewerkschaft darauf zu einigen, sodass man am 28. Jänner gemeinsam eine neue Krankenordnung beschließt.
Dass die Gewerkschaft die Vorschläge des Wirtschaftsbundes in der vergangenen Woche bereits publik machte, ärgert die Wirtschaftsvertreter: "Das ist keine vertrauensvolle Zusammenarbeit."
Worum geht es für die Versicherten?
Die Arbeitgeber wollen Ursache und Dauer eines Krankenstands wissen, und sie wollen die Kontrollore der Krankenversicherung anweisen dürfen, einen krank gemeldeten Arbeitnehmer zu Hause aufzusuchen und zu kontrollieren.
Der Wirtschaftsbund sagt, derzeit würden die neun Gebietskrankenkassen die Kontrollen unterschiedlich handhaben, am wenigsten würde Niederösterreich und Burgenland kontrollieren, am schärfsten seien Tirol und Kärnten. Der Wirtschaftsbund will das derzeit schärfste Kontrollniveau künftig im gesamten Bundesgebiet der ÖGK.
Der Wirtschaftsbund stützt seinen Verdacht auf Krankenstandsmissbrauch auf Studien aus Deutschland und Österreich.
Das WIFO hat ebenfalls eine Studie erstellt. Demnach würden sieben bis dreizehn Prozent der Beschäftigten zumindest einmal im Jahr einen ungerechtfertigten Krankenstand beanspruchen. Besonders im Verdacht stünden jüngere Männer, bei denen eine Häufigkeit von Absenzen nach großen Sportereignissen (Fußballübertragungen, Superbowl) festgestellt würde.
Der Hang zum Blaumachen sei bei jüngeren Arbeitnehmern unter 34 drei Mal so hoch wie bei über 55-Jährigen, die kaum fehlen.
Die Ärztekammer und die Gewerkschaft haben sich bereits gegen eine neue, verschärfte Krankenordnung ausgesprochen. Aber die Wirtschaft besteht darauf – und damit ist die Sache nicht vom Tisch.
Der Verfassungsgerichtshof hat ja am Freitag bestätigt, dass die Entmachtung der Arbeitnehmervertreter und die Aufwertung der Arbeitgeber in der Selbstverwaltung der ÖGK rechtskonform ist.
Im obersten Gremium steht es sechs Arbeitgeber zu sechs Arbeitnehmern, die Arbeitnehmer haben also keine Mehrheit, sie müssen sich für jeden Beschluss mit den Arbeitgebern einigen.
Wenn jetzt die Wirtschaftsbündler sich zum Beispiel weigern, die Leistungen für die Versicherten auf das bisher jeweils höchste Niveau zu heben, indem die Wirtschaft argumentiert, bessere Leistungen könne man nur bezahlen, wenn man auch Missbrauch bekämpfe, dann steht alles – dann steht es sechs zu sechs, und es gibt ein Patt.
Das Ministerium kann dann zwar eingreifen, aber das ist bei der Selbstverwaltung sehr heikel. Ein Dauer-Patt ist in der ÖGK nicht auszuschließen, weil die Gewerkschafter sauer sind wegen ihrer Demontage, und die Wirtschaftsbündler ihre neue Stärke zur Schau stellen.
Es gibt bereits Stimmen, die meinen, wenn die Selbstverwaltung nicht funktioniert, solle man sie abschaffen.
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