SPÖ startet mit Pech und Pannen

Im Laufe des Septembers werden weitere Papiere und Mails Silbersteins publiziert: Stärke-Schwächen-Analysen und pikante SPÖ-Interna bis hin zu jenem Mail, das Kanzler Kern als politisch unerfahren, sprunghaft und eitel beschreibt. Die SPÖ vermutet als Quelle des Informationslecks eine ehemalige Silberstein-Mitarbeiterin, die über gute Kontakte zu ÖVP und NEOS verfügen soll.
Eine brandneue Umfrage zeigt Pilz sicher im Parlament. Hauptgeschädigte ist die SPÖ.

Der Neuwahlbeschluss ist gefasst, der Wahltag mit 15. Oktober fixiert. Ab sofort ist das Rennen um die Plätze im Parlament und in der nächsten Regierung eröffnet.

Bundeskanzler Christian Kern ging am Donnerstag ins Hohe Haus, um sich bei den Abgeordneten für die Zusammenarbeit in seinen dreizehn Monaten als Regierungschef zu bedanken. Am Freitag stellte er sich nach dem Ministerrat vor die TV-Kameras, bilanzierte seine Regierungsarbeit mit dem Verweis auf gute Konjunktur- und bessere Arbeitsmarktdaten und wünschte den Journalisten einen schönen Sommer.

SPÖ startet mit Pech und Pannen
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Der Kanzler bewahrt Haltung, doch schwingt in seinen Worten auch Abschied mit – ob bewusst oder unbewusst, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass sich die SPÖ mit dem Gedanken anfreunden muss, das Kanzleramt zu verlieren.

Die SPÖ startet mit einem satten Rückstand auf die ÖVP in diesen Nationalratswahlkampf. Die Kandidatur von Peter Pilzist ein herber Schlag für die Sozialdemokraten. Bis vor Kurzem lag die SPÖ in seriösen Umfragen knapp unter 30 Prozent, weil sie von der Schwäche der Grünen profitierte. Diese Leih-Stimmen wandern nun zu Pilz, wodurch die SPÖ weit hinter die ÖVP zurückfällt. Und je größer der Abstand, desto schwerer ist er logischerweise aufzuholen.

Die nächste schlechte Nachricht für die SPÖ: Wenn Pilz ins Parlament kommt, ist Rot-Blau nicht mehr nur politisch, sondern auch rechnerisch kaum mehr möglich. Somit schrumpfen die Regierungsoptionen für die SPÖ auf die Juniorpartner-Rolle neben einem Kanzler Sebastian Kurzzusammen. Sollte diesem der Gusto nach Schwarz-Blau sein, muss die SPÖ in die Opposition gehen.

Abgesehen von ihrem Pech mit Pilz hat sich die SPÖ selbst einige Pannen zuzuschreiben. Der Streit in der Wiener SPÖ zwischen dem Lager um Michael Häuplund den Anhängern von Michael Ludwigpflanzt sich fort und verhindert, dass die SPÖ in wesentlichen Fragen zu einer Linie findet: Wie steht sie zur FPÖ? Wie zum Flüchtlingsthema?

Selbst der Kanzler wirkt mitunter wie ein Getriebener. Zuerst bezeichnet Kern die Kurz-Forderungen nach dem Schließen der Mittelmeer-Route als "Vollholler", dann legt er selbst einen Plan vor, der sich von dem des Außenminister nur in Details unterscheidet. Einmal präsentiert Kern einen Kriterienkatalog für die Öffnung der SPÖ zur FPÖ, dann unterzeichnet seine Frau demonstrativ für die Anti-FPÖ-Plattform von Hans Peter Haselsteiner.

Auch die Entscheidung der Kanzlertruppe, für Pilz den Eurofighter-Ausschuss aufzubereiten, entpuppt sich als krasser Doppelfehler. Statt dass Pilz, wie von den Roten erhofft, den schwarz-blauen Fliegerankauf aufwärmte, zeigt Pilz Ex-SPÖ-Minister Norbert Darabos bei der Staatsanwaltschaft an. Nicht zuletzt bildete der U-Ausschuss auch die Startrampe für die Pilz-Liste.

Die einzige Hoffnung der SPÖ, im Wahlkampf den Rückstand auf Sebastian Kurz noch aufzuholen, heißt Christian Kern. Er ist gut im Fernsehen, und sein Ansehen in der Bevölkerung ist unvergleichlich besser als das seines Vorgängers Werner Faymann.Die SPÖ klammert sich jedenfalls an diesen Strohhalm. "Bis zur Wahl ist es noch lang, und Sebastian Kurz muss seinen Vorsprung erst einmal ins Ziel bringen", spricht sich ein Vertrauter des Kanzlers Mut zu.

Für die sieggewohnten Blauen ist der Start in den Wahlkampf auch nicht gerade glorios. Ihre Hochkonjunktur ist vorüber, Kurz stutzt die FPÖ in Richtung ihres letzten Wahlergebnisses zurück. Zu allem Überfluss will nun der Salzburger Parteirebell Karl Schnellmithilfe der von der FPÖ gefeuerten Abgeordneten mit einer eigenen Liste kandidieren. Selbst wenn Schnell nicht ins Parlament kommt, wird er die FPÖ Stimmen kosten.

Für die Grünen ist alles, was bisher geschah, ein blankes Desaster. Sie können sich nur mit einem trösten: schlechter kann es kaum noch werden. Sie haben ihre Stammklientel, und wenn sie nicht auch noch den Wahlkampf verhauen, müssten sie sich stabilisieren.

Für die Neos gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte: Pilz hat sie um einen Bonus aus der Kandidatur von Irmgard Grissgebracht. Griss brachte den Neos zwar Zulauf, aber der wurde durch einen Abfluss in Richtung Pilz egalisiert. Unterm Strich sollten die Neos aber nicht gefährdet sein, sie liegen seit Monaten stabil über der Einzugshürde von vier Prozent.

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