Der Countdown zum SPÖ-Showdown
Ein SPÖ-Parteitag, bei dem Pamela Rendi-Wagner den Konflikt mit ihrem Rivalen Hans Peter Doskozil auf offener Bühne austrägt: Wer meint, die SPÖ würde damit Neuland betreten, der irrt.
Dieses Schauspiel war schon im März 2019 in Innsbruck zu bestaunen. Die SPÖ-Chefin war angereist, um der Kür von Georg Dornauer zum Landesobmann beizuwohnen. Der Tiroler übte sich damals noch im Verbund mit dem ebenfalls geladenen Doskozil im Querschießen gegen die Bundesvorsitzende. Beide bekamen von Rendi-Wagner coram publico den Kopf gewaschen. „Deine Aussagen waren nicht hilfreich“, erklärte sie dem damals frischgewählten Landeshauptmann von der Bühne herab.
Diese öffentliche Zurechtweisung gilt noch immer als der Ausgangspunkt des innerparteilichen Konflikts. Der endgültige Bruch war dann eine Aussage von Rendi-Wagner in einer ZIB 2, wo sie Doskozil wegen dessen Corona-Kurs attestierte, er gefährde das Leben seiner Landsleute.
Am kommenden Mittwoch treffen die beiden zwar nicht auf offener Bühne, aber im Bundesparteipräsidium aufeinander. Es könnte der Auftakt zum finalen Showdown werden. Doskozil, der sich einst aus Protest nicht in das oberste Parteigremium wählen hatte lassen, wurde von Rendi-Wagner per Mail eingeladen und hat sein Kommen zugesagt.
Bures leitet die Sitzung
Im Vorfeld der Sitzung, die von Doris Bures geleitet werden soll, ist das Stimmungsbild in den roten Landesorganisationen zumindest in einer Hinsicht eindeutig: Die Spitzenfunktionäre sind genervt von dem Dauerstreit. Dass es mit einer internen Aussprache am Mittwoch getan sein könnte, glaubt so gut wie niemand. Vorarlbergs SPÖ-Chefin Gabriele Sprickler-Falschlunger, die Doskozil zuletzt attestiert hatte, er sei nicht „Manns genug, eine Diskussion in den bundesweiten Gremien zu führen“, ist da die Ausnahme: „Wir sind alle Genossinnen und Genossen, auch wenn es mal Zoff gibt.“
Es wäre nicht das erste Mal, dass Vermittlungsversuche scheitern. Das musste auch Rendi-Unterstützer und Landeschef Peter Kaiser lernen, der die beiden 2021 zur Aussprache nach Kärnten lud. Ohne Erfolg.
Besonders klar spricht es der Salzburger Landesparteiobmann David Egger – derzeit mitten im Wahlkampf – aus: „Laut meiner Einschätzung führt an einer Mitgliederbefragung oder einem Parteitag im Herbst kein Weg vorbei.“ Manch andere wollen gar nicht mehr so lange warten.
Auch aus der Sicht von Kärntens Peter Kaiser läuft es auf einen Parteitag hinaus. „Es ist wichtig, dort die ultimative Entscheidung zu treffen, die dann von allen zu akzeptieren ist“, sagt der Sprecher des Landeshauptmanns.
Keine Ruhe
Hochrangige Funktionäre fürchten aber, dass selbst nach der Entscheidung noch keine Ruhe garantiert ist: „Wer bei der nächsten Nationalratswahl als Spitzenkandidat antritt, muss dazu nochmals extra gewählt werden.“ Das könne erst bei der Erstellung der Liste für die Nationalratswahl geschehen.
Zur Unzeit kommt die Präsidiumssitzung für die SPÖ Wien. Deren Rathaus-Klub hält Dienstag und Mittwoch die traditionelle Klubklausur in Frauenkirchen (Burgenland) ab. Um bei der Präsidiumssitzung dabei sein zu können, muss Ludwig seine Genossen vorzeitig verlassen. Vergangenen Dienstag hatte er bekräftigt, Rendi-Wagner zu unterstützen – egal, ob es zur Kampfabstimmung kommt und wer dabei gegen sie antritt. Auch alle weiteren Wiener Vertreter im Präsidium werden Ludwigs Linie folgen, heißt es im Rathaus.
In welcher Form der Konflikt bereinigt werden soll – etwa durch Kampfabstimmung oder Mitglieder-Befragung –, lässt man offen. Es liege an der Parteichefin, entsprechende Vorschläge auf den Tisch zu legen, heißt es aus Ludwigs Umfeld.
Hört man sich unter Funktionären unterhalb der Parteispitze um, zeigt sich, dass Rendi auch in Wien nicht auf uneingeschränkte Unterstützung zählen darf. Denn es glauben vor allem Vertreter der Flächenbezirke, mit Doskozil und seinem kantigen Kurs im Kampf um den Gemeindebau mit der FPÖ besser abschneiden zu können.
Umso wichtiger sei – auch diese Option schwebt im Raum – ein Kompromisskandidat. Nicht auszuschließen, dass er Michael Ludwig heißt.
Die wichtigsten Protagonisten
Pamela Rendi-Wagner, Bundesparteiobfrau
Nach zahlreichen innerparteilichen Querschüssen hat die ehemalige Gesundheitsministerin, die am 24. 11. 2018 nach Christian Kern die SPÖ übernommen hat, in der Vorwoche die Initiative ergriffen und das Sonderpräsidium einberufen. Sie sucht jetzt die direkte Konfrontation und würde sich bei einem möglichen Sonderparteitag einer Kampfabstimmung stellen.
Hans Peter Doskozil, Burgenalands Landeshauptmann
Er ist der große Herausforderer von Pamela Rendi-Wagner und musste gesondert eingeladen werden, weil er nicht mehr Teil des regulären SPÖ-Präsidiums sein wollte. Er schaffte bei der Landtagswahl 2020 im Burgenland die absolute Mehrheit. Damals jubelte Rendi-Wagner noch mit ihm, obwohl das innerparteiliche Verhältnis bereits zerrüttet war.
Doris Bures, Nationalratspräsidentin
Unter Christian Kern am politischen Abstellgleis, hat die Zweite Nationalratspräsidentin unter Rendi-Wagner wieder an Einfluss gewonnen. Sie gehört der einst Faymann-treuen Liesinger Gruppe der Wiener SPÖ an. Genauso wie Gemeinderat Christian Deutsch, der es vor allem Bures zu verdanken haben soll, dass er zum SPÖ-Bundesgeschäftsführer avancierte.
Georg Dornauer, Tiroler SPÖ-Chef
Die Beziehung des 40-Jährigen zu Doskozil hat als echte Männerfreundschaft begonnen, die aber inzwischen abgekühlt ist. Im Tiroler Landtagswahlkampf kam der Burgenländer dennoch als Unterstützer. In Sachen Parteiführung will Dornauer, der selbst zu Eskapaden neigt, dass „der Westen ein gewichtiges Wort mitredet“
Michael Lindner, SPÖ-Chef OÖ
Er erwartet sich am Mittwoch „den Auftakt zur Lösung und keine Abrechnung“ und nach der Salzburg-Wahl „einen vorgezogenen Parteitag“. Die Gefühlslage in der SPÖ beschreibt er in klaren Worten: „Der öffentliche Konflikt ist ein unerträglicher Zustand, der bereits alle Ebenen erfasst hat. Unsere Funktionäre erwarten sich Professionalität und wollen über Inhalte reden“.
Anton Lang, SPÖ-Chef Steiermark
Anton Lang, steirischer SPÖ-Landeschef, stand bisher stets loyal zu Rendi-Wagner. Er betont, er wolle sich nicht öffentlich an Personaldebatten beteiligen: „Ich bleibe meiner Linie treu und richte niemandem etwas vom Balkon aus. Klar ist aber, wir müssen schnellstmöglich Einigkeit schaffen.“
Christoph Matznetter, Wirtschaftsverband
Der ehemalige Staatssekretär war nach den Wirren der Silberstein-Affäre 2017 kurz Bundesgeschäftsführer. Als Wiener wird er den von Ludwig vorgegebenen Pro-Rendi-Kurs mittragen, ist im Vorfeld der Präsidiumssitzung zu vernehmen.
Selma Yildirim, SPÖ-Frauen, Tirol
Die Tiroler Nationalrätin ist stv. Bundesfrauenvorsitzende. Sie hatte Doskozil zuletzt als unsolidarisch bezeichnet. Sie versichert, sie sei zu 100 Prozent loyal gegenüber Rendi-Wagner, die die SPÖ in die nächste Wahl führen solle.
Eva Maria Holzleitner, SPÖ-Frauen-Chefin
Die oberösterreichische Nationalrätin ist Bundesvorsitzende der SPÖ-Frauen. Auf Doskozil angesprochen meinte sie diese Woche: „Wenn jemand Interesse hat, dann wäre es auch fair, mit offenen Karten zu spielen.“ Der Unterstützung dieser Teilorganisation kann sich Rendi-Wagner gewiss sein.
Sven Hergovich, SPÖ-Chef in NÖ
Nach der Wahlniederlage der SPÖ am 29. Jänner hat der bisherige AMS-Landesgeschäftsführer die Partei in St. Pölten übernommen. Er hat sich danach weder auf die Seite von Pamela Rendi-Wagner noch auf jene von Hans Peter Doskozil geschlagen.
Peter Kaiser, Kärntner Landeschef
Aus Sicht von Kaiser, der Rendi stets unterstützte, läuft alles auf einen Parteitag hinaus. Es gelte „die ultimative Entscheidung zu treffen“, erklärt Kaisers Sprecher. Im Wahlkampf sorgte Kaiser mit einem missverständlichen Sager zu einer Doppelspitze für (ungewollte?) Aufregung.
Michael Ludwig, Chef SPÖ Wien
Fiel zu Beginn von Rendi-Wagners Amtszeit mit kritischen Wortmeldungen auf, ist mittlerweile aber einer ihrer loyalsten Unterstützer. Umgekehrt kühlte das einst so innige Verhältnis zu Doskozil spürbar ab. Unter anderen gab es Friktionen in der Corona-Politik
Kommentare